Gladbeck. Während gerade Bäckereien und Metzgereien verzweifelt Azubis suchen, wird Markus Walinski nicht mehr auszubilden. Es lohnt sich nicht mehr.
Backstuben, Restaurants und Metzgereien geht der Nachwuchs aus, titelte die WAZ am Dienstag. Viele Lehrstellen gerade in diesen Branchen bleiben demnach unbesetzt. Markus Walinski, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei an der Gildenstraße, wird sich erstmals nicht auf die Suche nach einem Azubi machen.
Der 52-Jährige wird in seinem Betrieb ab dem kommenden Lehrjahr keine jungen Menschen mehr ausbilden. „Es lohnt sich nicht mehr“, sagt der Bäckermeister. Grund: Die Lehrpläne haben sich geändert, die Azubis seien zu selten im Geschäft, so dass sich die Ausbildung für einen kleinen Betrieb wie seinen nicht mehr rechne. Zu zusätzlichen theoretischen Einheiten in der Ausbildung sei unter anderem auch eine Projektwoche vor der Zwischenprüfung gekommen, in der die Jugendlichen eine Woche verreisen – und somit im Betrieb fehlen. „Wir müssen auch die Kosten für die Projektwoche tragen.“
Markus Walinski kann nicht jeden Lehrling übernehmen
Hinzu komme: Nicht jeden Lehrling könne Walinski übernehmen. „Dann bilden wir quasi für andere Betriebe aus.“ Im Moment hat Markus Walinski zwei Auszubildende, einen Azubi in der Backstube, eine junge Frau zum Verkauf im Laden. „Sie ist jetzt seit vier Monaten krank. Und das merken wir im Geschäft.“ Azubi Jan Formella wird jetzt mit seiner Ausbildung fertig. „Ich möchte ihn nicht gleich auf die Straße setzen, wenn ich ihn schon ausbilde“, so der Bäckermeister und hat dem jungen Mann daher eine Stelle angeboten. Aber: „Ich habe ihm gesagt, dass er sich dennoch nach neuer Arbeit umsehen muss, für einen dritten Gesellen fehlt einfach das Geld.“
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Grund sind auch gestiegene Tariflöhne zum 1. Juli für Azubis und Gesellen. Ein Inhaber einer Bäckereikette im Kreis Olpe hatte daher angekündigt, den Preis für seine Brötchen zu erhöhen. Diesen Schritt will Walinski vorerst nicht gehen. Aber: „Auf Dauer gesehen wird uns nichts anderes übrig bleiben.“ Der Bäckermeister ist sich aber auch sicher: „Das würde die Kunden bei unserer Qualität nicht abschrecken.“
Zuletzt war es immer schwieriger, Azubis zu finden
Zurück zu den Azubis: Zuletzt sei es für Markus Walinski immer schwieriger gewesen, Nachwuchskräfte zu finden. „Die Schulen schicken keine Praktikanten mehr, die sich dadurch für unseren Beruf interessieren könnten.“ Denn: Mitten in der Nacht aufstehen und gar am Wochenende arbeiten, das wolle heute kaum jemand mehr. Doch gerade an Samstagen und Sonntagen ist in der Branche Hauptarbeitszeit. „Wir arbeiten zehn bis zwölf Stunden pro Tag, sieben Tage in der Woche.“
Im Betrieb von Markus Walinski helfen auch noch seine Eltern mit, die eigentlich schon in Rente sind.
Wenn Markus Walinski in Rente geht, wird es einen der jetzt noch drei backenden Handwerksbetriebe in Gladbeck nicht mehr geben. Und: „Ich werde nicht bis 65 arbeiten.“ Es gibt niemanden, der den Traditionsbetrieb übernehmen wird. „Mein Sohn ist jetzt 18, aber ich habe ihm gesagt, dass ich nicht möchte, dass er diese Arbeit macht.“ Denn Markus Walinski weiß, wie hart sein Job ist. Und: Gegen Großbetriebe habe er keine Chance. „Auf Handwerk wird nicht mehr so viel Wert gelegt.“ Wer doch Interesse habe, die Bäckerei zu übernehmen, scheitere oft am Geld. „Allein die Maschinen im Betrieb haben einen finanziellen Wert von etwa 250.000 Euro.“