Gladbeck. Der Kinderschutzbund in Gladbeck setzt weiter auf Prävention gegen sexuelle Gewalt. Das Projekt ist konzipiert für Grund- und Förderschüler.
Der Fall hat traurige Berühmtheit erlangt. „Jeder von uns kennt Lügde“, sagt Dr. Peter Fischer, der Vorsitzende des Kinderschutzbundes Gladbeck. Die Kindesmissbrauchsfälle auf einem Campingplatz in der ostwestfälischen Stadt mach(t)en Schlagzeilen. „Wenn sich nur eines dieser Opfer Eltern oder Lehrern anvertraut hätte, hätte ihm vielleicht geholfen werden können“, so Fischer. Und genau an diesem Punkt setzt das Präventionsprojekt „Mein Körper gehört mir“ an. Das Programm gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder ist für Dritt- und Viertklässler an Gladbecker Grund- und Förderschulen konzipiert.
Gut 700 Schüler nehmen teil
Insgesamt 700 bis 780 Mädchen und Jungen, verteilt auf 54 Klassen, sollen lernen und ermutigt werden, „Nein!“ zu sagen bei der Verletzung persönlicher Grenzen. Fischer zeichnet beispielhaft eine Situation, wie sie sich zigfach abspielen mag: „Opa Heinz packt der kleinen Susanne immer an den Po. Das gefällt dem Mädchen nicht. Also hat es ein schlechtes Gefühl, wenn es den Opa besuchen soll.“
Herunterspielen lässt sich solch eine Szene nicht, erst recht nicht, wenn die nackten Zahlen – hinter denen stets Schicksale stecken – sprechen. Im Jahre 2017, so der Vereinsvorsitzende, seien mehr als 11.500 Fälle von sexuellen Übergriffen auf Kinder registriert worden, darunter waren 403 Mal minderjährige Schutzbefohlene die Opfer. 6500 Mal ging es um kinderpornografische Handlungen. „Und die Dunkelziffer ist hoch“, wirft Irene Gosepath ein, die zweite Vorsitzende im Kinderschutzbund Gladbeck.
Dr. Peter Fischer: „Seit 2010 sind die Zahlen nahezu unverändert.“ Er rechnet hoch, dass demnach jeder siebte, achte Erwachsene Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch hat. Der Vereinsvorsitzende kommt auf mindestens ein betroffenes Kind pro Schulklasse. Beim Gros der Fälle, zwischen 80 und 90 Prozent, handele es sich um Männer als Täter – „und zwar aus allen sozialen Schichten“.
Interaktives Theaterstück
Ein Präventionsprogramm wie „Mein Körper gehört mir“ tue also nach wie vor not. „Alle zwei Jahre führen wir das Projekt durch“, berichtet Fischer. Es handele sich diesmal bereits um den elften Durchgang. Kräfte der theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück führen in den Schulen ein interaktives Stück zum Themenfeld mit vielen Facetten, zum Beispiel auch die Internet-Problematik, auf. Gosepath: „Die Kinder singen und spielen Rollen.“ Und das „auf so verständliche Weise, dass die Schüler den Weg auch mitgehen können“, so Fischer. Die Vize-Vereinsvorsitzende weiß von Eltern, die erzählt haben, „dass ihre Kinder sich noch Jahre an die eingängigen Lieder erinnern konnten“.
Um finanzielle Unterstützung wird gebeten
Das Unternehmer-Ehepaar Roswitha und Erich Bethe gründete seine Stiftung im Jahre 1996. Sie hat ihren Sitz in Köln.
Dr. Peter Fischer: „Die Zusammenarbeit mit der Bethe-Stiftung war völlig unproblematisch.“ 14.000 Euro koste ein Durchgang des Präventionsprojektes „Mein Körper gehört mir“.
Die Bethe-Stiftung verdoppelt jede Spende bis zu einem Betrag von 2000 Euro, die bis zum 31. August eingeht, bis zu einer Gesamthöhe von 7000 Euro.
Helene Hammelrath, Botschafterin der Stiftung, unterstreicht: „Mit der Verdoppelungsaktion wollen wir einen Anreiz schaffen, dass sich möglichst viele Menschen mit Spenden beteiligen.“
Finanzielle Hilfe erbittet der Verein in Gladbeck auf das zweckgebundene Konto des Kinderschutzbundes: Stadtsparkasse Gladbeck (IBAN DE 67 4245 0040 0000 0920 15). Als Verwendungszweck sollte das Stichwort „Bethe-Stiftung“ angegeben werden.
Offizielle Rückmeldungen über einen möglichen Erfolg des Programms gebe es aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht, so Gosepath. Aber sie habe von Lehrern gehört, dass Kinder nach dem Projekt den Kontakt zu Vertrauenspersonen gesucht hätten. „Weil das Thema so sonnenklar war und schon positive Erfahrungen vorlagen“, unterstütze die Bethe-Stiftung die Maßnahme in Gladbeck zum zweiten Mal, sagt deren Botschafterin Helene Hammelrath. Zumal „Mein Körper gehört mir“ ein Ziel der Stiftung verfolge, eben Prävention gegen sexuelle Gewalt. Neben der Förderung von Kinderhospizen gehört auch zu den Schwerpunkten: „Für Kinder da zu sein, die Opfer von Missbrauch geworden sind“. Fischer betont: „Ein Präventionsprogramm ist dringend erforderlich. Wenn wir nur ein Kind aus sexueller Belästigung holen, hat es schon geholfen.“