Gladbeck. . Kerstin Wickardt will Reitern helfen, ihre Tiere richtig zu verstehen. Wenn die Kommunikation stimmt, sagt sie, macht ein Ausritt doppelt Spaß.

Dieser Tag Ende Februar ist ein Frühlingstag wie aus dem Bilderbuch. Der Reiterhof am Rande der Haard in Oer-Erkenschwick ist in ein sanftes Licht getaucht, Staub tanzt in den Sonnenstrahlen. Vor den Ställen sind Pferde angebunden, denen ihre Reiterinnen – ja, es sind nur Frauen da – den Winter aus dem Fell striegeln.

Die Gladbeckerin ist Tierpsychologin und Tierheilpraktikerin

Tochter Kathrin (30) hat die Pferdeliebe von ihrer Mutter Kerstin geerbt.
Tochter Kathrin (30) hat die Pferdeliebe von ihrer Mutter Kerstin geerbt. © Lutz von Staegmann

Für die Gladbeckerin Kerstin Wickardt bedeuten die endlich wieder länger werdenden Tage vor allem eins: Von nun an wird sie garantiert wieder mehr Stunden am Stall und im Sattel verbringen als in ihren vier Wänden in Gladbeck. Für die 50-Jährige ist das einfach zu bewerkstelligen, denn sie hat ihr Hobby, ihre Pferdeleidenschaft, zum Beruf gemacht. Sie ist Tierpsychologin, Tierheilpraktikerin und sie bietet Wanderritte in kleinen Gruppen durch die Haard und die Hohe Mark an.

Für Kerstin Wickardt gibt es nichts Schöneres, als mit einem der vier Pferde der Familie durch die Natur zu reiten. Genau dieses Gefühl will sie an andere Pferdeleute weitergeben – und ihnen auch dabei helfen, selbst zu einem so harmonischen, selbstverständlichen Miteinander von Mensch und Tier zu finden.

Für ein tolles Fotomotiv lässt Kerstin Wickardt Beauty immer wieder angaloppieren

Direkt hinter der großen Reithalle des Hofs in Oer-Erkenschwick beginnt die Haard. Für Kerstin Wickardt einfach ideal.
Direkt hinter der großen Reithalle des Hofs in Oer-Erkenschwick beginnt die Haard. Für Kerstin Wickardt einfach ideal. © Lutz von Staegmann

An diesem Tag ist ihre Wahl auf ihre Vollblutstute Beauty gefallen. Es geht aber gar nicht wirklich in die Haard, sondern nur auf einen Sandweg am Rande des Waldes. Hier will der WAZ-Fotograf ein tolles Motiv einfangen. Kerstin Wickardt lässt Beauty also immer wieder leicht angaloppieren und reitet auf ihn zu, stoppt, kehrt um, galoppiert wieder an... Beim vierten Mal gibt Beauty ein missbilligendes Schnauben von sich und zeigt deutliche Anzeichen von Ungeduld. Lieber will die Stute weiter nach vorne stürmen, als schon wieder eine Kehrtwende zu machen.

„Meine kleine Zicke“, sagt die Gladbeckerin und streicht der Fuchsstute sanft über den Hals, „wenn du jetzt nicht damit aufhörst, machen wir das noch weitere 30 Mal hintereinander.“ Die Drohung ist nicht wirklich ernst gemeint, denn die Reiterin hat ihr Pferd auch ohne diese „Strafmaßnahme“ souverän im Griff. Wickardt weiß aber auch, dass es viele Reiter gibt, die in so einer Situation nicht so locker reagieren würden, sondern eher ängstlich.

So viele Pferdemädchen schwärmen von Ostwind und Wendy

„So viele Pferdemädchen schwärmen von ,Ostwind’ und ,Wendy’, wollen genau diese Freiheit mit ihrem Pferd erleben, trauen sich aber nicht“, sagt Wickardt. Schlimme Erlebnisse können ein Grund dafür sein. Oder einfach auch nur eine gestörte Kommunikation. Alles wird schwierig, wenn man einander nicht versteht. In beiden Fällen möchte Wickardt Abhilfe schaffen.

Ausbildung zum Geländerittführer

Kerstin Wickardt ist ausgebildete Geländerittführerin der Deutschen Wanderreiter-Akademie (DWA). Ins Gelände geht sie mit einer Gruppe von bis zu fünf Teilnehmern. Wie lang eine Tour geht, hängt auch vom Können der Teilnehmer ab.

Weitere Informationen zu allen Angeboten gibt es im Internet unter www.equus-via.de

Ist wirklich zum Beispiel ein Unfall der Grund für die Angst von Pferd oder Reiter, dann fährt die Gladbeckerin auch zu den Menschen nach Hause, die sie gerufen haben. „Es ist wichtig, sich die jeweilige Situation vor Ort anzuschauen, nur so kann man entscheiden, wie das anschließende Training genau aussehen soll.“ Und: Wer überhaupt Hilfe benötigt, der Mensch, das Tier oder beide.

Kerstin Wickardt trainiert nach der Methode von Pferdetrainer Pat Parelli

Die Gladbeckerin übernimmt ziemlich viele solcher Jobs, denn in der Pferdeszene spricht sich so ein Angebot natürlich herum. Und auch Doku-Serien wie „Die Pferdeprofis“ auf Vox machen die verschiedenen Trainingsmethoden bekannt. Kerstin Wickardt ist Anhängerin des „natural horsemanships“ nach Pat Parelli, das ist ein bekannter amerikanischer Pferdetrainer.

Die gültige Reitplakette ist natürlich Pflicht.
Die gültige Reitplakette ist natürlich Pflicht. © Lutz von Staegmann

Und sie sagt: „Meine Philosophie ist die der drei Säulen – Liebe, Konsequenz und Respekt. So habe ich meine Kinder erzogen, meine Hunde und meine Pferde.“

Auch die Wanderritte unterschiedlicher Länge und Dauer, die die Gladbeckerin für Reiter mit eigenen Pferden anbietet, haben durchaus etwas Therapeutisches. Schließlich geht es darum, dass Mensch und Tier gemeinsam etwas Positives erleben, die Natur genießen und den Alltag einfach einmal hinter sich lassen.

Die Tage werden länger. Bis zum richtigen Frühling dauert es auch nicht mehr lange. Kerstin Wickardt freut sich schon auf viele Ausritte.