Gladbeck. . In mehr als jedem dritten Verfahren beim Sozialgericht Gelsenkirchen ging es um Grundsicherung. Präsidentin: Die Belastung wird weiter zunehmen.
Jeder dritte Hartz-IV-Bezieher, der vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen gegen seinen Bescheid geklagt hatte, bekam im vergangenen Jahr Recht. Ein Jahr vorher lag die Erfolgsquote sogar bei 35 Prozent. Das Gericht ist auch für Gladbecker Fälle zuständig.
Noch erfolgreicher ist die Bilanz im Bereich des Schwerbehindertenrechts. 40 Prozent der Kläger verließen als Gewinner den Gerichtssaal. 9206 Verfahren gingen im vergangenen Jahr beim Gericht ein, 618 weniger als 2016. Das bedeutete eine durchschnittliche Belastung von 307 Verfahren pro Richter. Im Landesschnitt musste sich ein Richter nur mit 225 Rechtsstreitigkeiten befassen.
Mehr Arbeit kommt auf die Richter zu
Auch wenn ein leichter Rückgang bei den Eingängen zu verzeichnen ist, werden die 31 Richterinnen und Richter in 55 Kammern perspektivisch mehr Eingänge zu bearbeiten haben. Sylvia Fleck, Präsidentin des Sozialgerichts, weiß, dass noch mehr Arbeit auf sie und ihre Kollegen zukommen wird: „80 Prozent der Asylbewerber werden anerkannt. Sie müssen danach von Hartz IV leben und ein Großteil von ihnen wird anschließend bei uns aufschlagen.“
Schon heute ist der Anteil der Verfahren im Bereich der Grundsicherung mit 2882 Klagen und 647 Anträgen im Eilverfahren beträchtlich. Auch im Rechtsgebiet der Krankenversicherung haben die Verfahren stark zugenommen. „Sie galoppieren uns davon“, beschreibt Sylvia Fleck die Belastungen in den Kammern. „Die Leistungen werden von Versicherern verstärkt abgelehnt.“
Als Beispiele nennt die Präsidentin stationäre Schmerztherapie und geriatrische Behandlungen. Für die Gerichte scheint die Beurteilung des Sachverhalts immer komplexer zu werden. Denn Gutachter zu finden sei immer schwieriger geworden, bedauert Sylvia Fleck. Auch weisen die Akten oft erhebliche Lücken auf. „Wir fangen mitunter bei Null an, müssen durch umfangreiche Ermittlungen erst Aufklärungsarbeit leisten.“
Chefin ist mit dem Ergebnis zufrieden
Auch wenn die Belastung extrem zugenommen hat, zeigt sich die Chefin mit dem Ergebnis zufrieden. 8974 Verfahren konnten im letzten Jahr abgeschlossen werden. Dem leichten Anstieg steht eine Zunahme des Bestands Ende 2017 auf 8326 Verfahren gegenüber. Ende 2016 waren es 225 Verfahren weniger.
Mit der durchschnittlichen Prozessdauer haben die Richter im Vergleich zu ihren Kollegen im Land punkten können. Nach durchschnittlich 10,3 Monaten waren die Prozesse beendet, landesweit benötigten die Gerichte 12,6 Monate. Auch bei den Eilverfahren war das Sozialgericht mit einer Prozessdauer von einem Monat etwas schneller als im Landesdurchschnitt von 1,2 Monaten.
Zwei Drittel der erledigten Verfahren konnten innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden, nur 6,4 Prozent zogen sich über zwei Jahre hin. Die meisten Verfahren endeten mit einem Vergleich. Bei 10,6 Prozent der Klagen musste das Gericht streitig durch Urteil oder Gerichtsbescheid entscheiden. „Die Bereitschaft, sich zu vergleichen, ist geringer, die Zweifel von Versicherungsträgern sind größer geworden,“ bedauert Sylvia Fleck.