Gelsenkirchen. . Sylvia Fleck, Präsidentin des Sozialgerichts, ist im Bewerberkreis für die Chefposition am Landessozialgericht. Die Auswahl beschäftigt Juristen.

Sylvia Fleck, Präsidentin des Sozialgerichts Gelsenkirchen, hat den nächsten Karriereschritt eingeleitet. Sie hat sich um das Amt der Präsidentin des Landessozialgerichts (LSG) Essen beworben.

Das Justizministerium des Landes hat zwar einen anderen Kandidaten ausgeguckt, musste aber nach einer nicht öffentlichen Verhandlung des hiesigen Verwaltungsgerichts zurückrudern und eine peinliche juristische Niederlage eingestehen. Die Behörde hat bei der Besetzung dieser Stelle, immerhin eines der höchsten Richterpositionen von Nordrhein-Westfalen, schon im Vorfeld so eklatante Fehler begangen, dass es das komplette Verfahren Anfang des Jahres wiederholen will und muss.

Aus Kutschatys Amtszeit

Ein Mann aus den eigenen Reihen sollte den angewärmten Chefsessel einnehmen. Sozialdemokrat Dr. Andreas Christians sollte die noch unter Ex-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) eingestielte Beförderung zugutekommen. Derzeit ist der Volljurist noch Leiter der Abteilung II a des Ministeriums, zuständig für Öffentliches Recht und Zivilrecht.

Genügend geeignete Leute

Und es sieht so aus, als ob er es auch bleiben muss. Denn in der Sozialgerichtsbarkeit ist diese Personalie so umstritten, dass sich drei führende Köpfe dieses Gerichtszweiges, darunter Fleck, entschlossen haben, sich ebenfalls zu bewerben. Sie wollen offenkundig dokumentieren, dass die Sozialgerichte selbst genügend geeignete Leute haben. Christians hat noch nie in diesem Justizzweig gearbeitet. Der oberste Sozialrichter hat aber vor allem die Aufgabe, die überaus komplizierte Spezial-Rechtsprechung fortzuentwickeln.

Vizepräsident Martin Löns (61) hat das Landessozialgericht Essen schon dreimal erfolgreich kommissarisch geleitet, zusammen gerechnet deutlich mehr als ein Jahr. Nun favorisieren ihn seine Kolleginnen und Kollegen auch als offiziellen Präsidenten. Er verfügt über eine Spitzenbenotung, ebenso wie seine Mitstreiter.

Auch Sylvia Fleck, einziges CDU-Mitglied im Bewerberfeld, seit zwölf Jahren Präsidentin des Sozialgerichts Gelsenkirchen, rechnet sich augenscheinlich nicht nur deshalb Chancen aus. Auch die Frau aus Oer-Erkenschwick kennt das LSG, war sie dort doch sieben Jahre Richterin. Vergleichbare Qualifikationen hat auch Peter Brückner. Der 59-jährige Duisburger ist seit 15 Jahren Präsident des Sozialgerichts Düsseldorf, war Richter am LSG und Referatsleiter im Ministerium.

Ein grundlegendes Urteil

Löns und Fleck haben gegen die Ernennung Christians um eiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nachgesucht. Der wäre ihnen gewährt worden, hätte das Ministerium nicht diesen Rückzieher gemacht. Die Verwaltungsrichter der 12. Kammer um Prof. Dr. Bernd Andrick zeigten den beteiligten prominenten Richterkollegen auf, dass die Behörde ein grundlegendes Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu Informationspflichten der obersten Landesorgane nicht beachtet hatte.

Danach muss das Ministerium der Landesregierung, die verantwortlich und abschließend über die Personalie entscheidet, die komplette mehrseitige Ablehnung des Präsidialrates, dem maßgeblichen Organ der Sozialgerichtsbarkeit, vorlegen, warum Christians angesichts der Mitbewerber nicht als bester Kandidat erscheine. Eine gefilterte Zusammenfassung des Ministeriums reicht nicht aus. Der Landesregierung fehlten damit die wichtigsten Entscheidungsgrundlagen.

Eilverfahren ist erledigt

Alle Beteiligten erklärten deshalb das jetzige Eilverfahren für erledigt. Das Ministerium will aber augenscheinlich an Christians festhalten. Und dann geht es irgendwann ans Eingemachte. Das Ministerium und letztlich das Verwaltungsgericht werden dann herausfinden müssen, wie es um das Anforderungsprofil steht und wer für das herausragende Amt der Qualifizierteste ist.

Das kann dauern, aber das Landessozialgericht Essen ist bei Martin Löns bis dahin ja in guten Händen.

AZ.: u.a.17 L 2714/17