Gladbeck. 9824 Klageeingänge im letzten Jahr. Präsidentin Silvia Fleck: „Die Belastungist auf Dauer nicht zu ertragen.“ Jeder Richter bearbeitet 433 Verfahren

  • Jeder Richter des Sozialgerichtes hatte im Vorjahr 433 Verfahrenseingänge zu bearbeiten
  • Im Landesschnitt lagen den Richtern zum Vergleich nur 411 Verfahren auf dem Tisch
  • Mit 9824 Verfahren erhöhte sich die Arbeit im Vergelich zu 2015 noch einmal um 358 Fälle

Klagezunahmen vor dem Sozialgericht spiegeln auch die soziale Situation vieler Bürger wider. Nie zuvor versuchten mehr Menschen ihr Recht vor dem auch für Gladbeck zuständigen Sozialgericht in Gelsenkirchen einzuklagen wie im letzten Jahr. Mit 9824 Verfahren erhöhte sich die Arbeit für die Richterinnen und Richter noch einmal um 358 Fälle. „Die Belastung für das Kollegenteam ist auf Dauer nicht zu ertragen“, sagte Präsidentin Silvia Fleck bei der Vorstellung des Jahresberichts.

Auch die Eilverfahren, in denen Kläger einstweiligen Rechtsschutz beantragen, haben zugenommen. 881 Anträge bedeuten eine Steigerung gegenüber 2015 um 69 Verfahren. Wie die Belastung für die Richter zu deuten ist, zeigt der Landesvergleich. Jeder Gelsenkirchener Richter hatte 433 Verfahrenseingänge zu bearbeiten, im Landesschnitt lagen Richtern nur 411 Verfahren auf dem Tisch.

Mehr Fälle mit weniger Personal

Präsidentin des Sozialgerichtes: Silvia Fleck. Foto: Martin Möller / Funke Foto Services
Präsidentin des Sozialgerichtes: Silvia Fleck. Foto: Martin Möller / Funke Foto Services © Martin Möller

Während die Fälle zunahmen, schrumpfte gleichzeitig das Personal im richterlichen Dienst von 28 auf 25 Richter; 15 Frauen und zehn Männer. In der Unterbesetzung sieht Silvia Fleck ein Missverhältnis zur ständig zunehmenden Mehrbelastung: „Das ist auf Dauer nicht zu schaffen.“

Landesweit werden demnächst elf Stellen zugewiesen, von denen Gerichte mit hohem Klagebestand profitieren sollen. Eine Entwicklung, die die Kollegen in Gelsenkirchen nicht nachvollziehen können. Wer durch einen enormen Arbeitsaufwand einen hohen Bestand verhindere, bliebe bei der Stellenzuweisung unberücksichtigt.

Die Rechnung geht nicht mehr auf

Diese Rechnung, prophezeit Silvia Fleck, werde in Zukunft nicht mehr aufgehen. Schon jetzt sei mit 2947 Klagen im Bereich der Grundsicherung (Hartz IV) ein Höchststand erreicht. Im Laufe des Jahres rechnet die Präsidentin mit weiterer Klagezunahme. Immer häufiger müssen Richter auch über Streitigkeiten im Bereich der Krankenversicherung entscheiden.

Hier verweigern Krankenkassen die Abrechnung bei vermeintlich zu langem Krankenhausaufenthalt, dort werden Kosten für Medikamente nicht übernommen. Zunehmende gutachterliche Stellungnahmen verlängern die Dauer des Klageverfahrens. Mit weiteren Fällen müssen sich die Sozialrichter im Laufe des Jahres beschäftigen, wenn Flüchtlinge nach ihren Anerkennungsverfahren verstärkt vor Gericht aufschlagen werden.

Kein zusätzlicher Stress

Trotz reduzierter Personalstärke konnten die Teams im Sozialgericht 8920 Verfahren 2016 abschließen. 500 weniger als 2015. Der Bestand Ende 2016 hat sich mit 8101 Verfahren um 890 erhöht. Gut jeder Dritte Kläger war mit seiner Klage erfolgreich, nach durchschnittlich 10,2 Monaten waren die Prozesse abgeschlossen. Auf zusätzlichen Stress wollen die Richter möglichst verzichten. Fleck bleibt nur der Appell an den Dienstherrn, die Realität wahrzunehmen. „Wir werden um jede zusätzliche Stelle kämpfen.“