Gladbeck. . Bis zum Sommer soll es ein Konzept für ein besseres Zusammenleben geben. Weit über 100 Menschen wollen daran mitarbeiten. Erfolgreicher Auftakt.

„Ich muss mich nicht integrieren, ich bin doch Gladbeckerin.“ Eigentlich hat die junge Frau mit türkischen Wurzeln damit alles zum Thema gesagt. Dennoch war sie, wie fast 150 weitere Gladbecker, ins Rathaus gekommen, um über genau dieses Thema zu reden und in Workshops daran zu arbeiten: Integration – und wie das Zusammenleben in einer Stadt mit Menschen aus 112 Nationen besser funktionieren kann.

Dazu hatte die Stadtverwaltung ausdrücklich auch Menschen mit Zuwanderungsgeschichte eingeladen. Ein Erfolg: Es waren viel mehr gekommen, als man erwartet hatte. Bis zum Sommer sollen sie, mit Unterstützung des Ibis-Instituts Duisburg, an einem stadtweiten Integrationskonzept mitarbeiten, das konkrete Vorschläge dafür enthält, wie es besser laufen kann.

Bürgermeister: „Man kann nicht sagen, dass alles gut und easy ist“

Dass es offenbar großen Redebedarf gibt, zeigt ja das große Interesse bei der Auftaktveranstaltung.

Ernste Mienen begleiteten die Vorstellung der Erkenntnisse aus den Interviews.
Ernste Mienen begleiteten die Vorstellung der Erkenntnisse aus den Interviews.

Auch Bürgermeister Ulrich Roland bekannte in seiner Ansprache: „Integration ist das schwerste und wichtigste Thema. Man kann nicht so einfach sagen, dass alles gut und easy ist“. Man ahnt, was er meinte: Die nationalistischen Ausschreitungen des türkischen Vereins FSM bei den Fußball-Hallenstadtmeisterschaften 2016 beispielsweise.

Maßnahmen und Angebote

Am Ende soll das stadtweite Integrationskonzept, das auf dem einst für Brauck erarbeiteten aufgebaut ist, konkrete Maßnahmen und umsetzbare Ideen benennen, die ein besseres Miteinander fördern.

Erarbeitet wird das Konzept unter Federführung des Büros für Interkulturelle Arbeit unter Leitung von Anja Venhoff.

Und es lässt sich mit Aussagen von 80 Gladbeckern aus Moscheegemeinden, Vereinen, Migrantenorganisationen, Stadtverwaltung belegen, die sich in Interviews vorab zum Zusammenleben der vielen Kulturen in der Stadt geäußert hatten. Zwar bekannten alle, dass sie gern hier leben, aber sie sagten auch, dass Zuwanderer und Ur-Deutsche eher nebeneinander als miteinander leben. Und dass sich dies in den letzten Jahren verstärkt hat. Interessant dabei: Junge Leute sehen das weniger so.

Reizthemen auf beiden Seiten und Erfahrung von Diskriminierung und Rassismus

Dazu gibt es Reizthemen auf beiden Seiten: Wenn es um die AfD oder die Türkeipolitik, den Islam und Islamphobie geht. Oder ganz konkret um die Erfahrung von Diskriminierung und Rassismus. Und es gibt auch diese Meinung unter Migranten: „Man hört immer, wir müssen uns anpassen und integrieren, aber wir leben hier doch seit langem, arbeiten hier, zahlen unsere Steuern.“

Eine Strategie: Gemeinsames statt Trennendes suchen

Wie packt man das nun an, kann die Herausforderungen stemmen? „Indem man nach Gemeinsamkeiten sucht, statt immer nur nach Trennendem“, nennt Patricia Jessen vom Ibis-Institut eine Strategie. Auch die Art „wie wir kommunizieren und miteinander umgehen, wie auch über Negativpunkte gesprochen wird“, sei dabei ganz zentral. Ebenso wichtig sei, dass überhaupt über strittige Themen gesprochen werde. Einen konstruktiven Vorschlag dazu machte Michael Wichert (CDU-Ratsherr) im Workshop „Zusammenleben und Austausch“: Nicht verallgemeinern und pauschalieren, sondern „Ich-Botschaften geben und klar sagen, was stört“. Auch das gilt für beide Seiten.