Gladbeck. . Zwei Gladbecker Kioske haben sich für 1. Tag der Trinkhallen beworben, der Kultur am Kiosk verspricht. Die WAZ schnupperte am Scheideweg Büdchenluft.

Hier gibt’s nicht nur fast alles, was man will auf die Hand, sondern auch was auf die Ohren. Also, keine Haue. Nein, nette Worte. Immer. „Das ist doch selbstverständlich, unsere Kunden wollen das so und wir auch“, sagt Martin Schmidt, Inhaber der Trinkhalle Scheideweg 100. Wenn Fortuna mitspielt und die Jury des Wettbewerbs „1. Tag der Trinkhalle“ den Daumen hebt, dann wird „anne Bude“, direkt auf der Grenze von Gladbeck und Gelsenkirchen, am 20. August der Bär los sein.

Die Bekanntgabe ist Ende Mai

Ausgelobt hat den Wettbewerb die Ruhr Tourismus GmbH. 167 Buden stehen revierweit in der Endauswahl. In Gladbeck ist eine davon die „Trinkhalle“ am Scheideweg, eine weitere der Kiosk Mirthula an der Vehrenbergstraße 71 a. Wer es unter die 50 Sieger schafft – die Bekanntgabe ist Ende Mai –, der darf schon mal Freudensprünge üben. Denn das Tagesprogramm, das zum Vergnügen aller Budenfreunde am außergewöhnlichen Schauplatz über die Bühne geht, kann sich sehen lassen: Musik, Literatur, Poetry Slam und mehr sind im Angebot.

Eine Belohnung für den Chef

„Das wäre doch mal eine echte Belohnung für unseren Chef“, dachten sich die beiden langjährigen Budenverkäuferinnen Gabriele Haubold und Daniela von Böhlen-Treskow, die mit drei weiteren Kolleginnen den Schichtdienst am Scheideweg seit Jahren stemmen – und ihre Bude zum Wettbewerb anmeldeten. „Wir möchten ihn nämlich für seine Unerschütterlichkeit belohnen.“

Unerschütterlichkeit? Nun, Schmidt ist ein Budenbesitzer durch und durch, setzt seit Jahrzehnten voll auf diese reviertypische Kultur. Da machen ihm auch Ganoven keinen Strich durch die Rechnung. Sechs Einbrüche, mehrere Versuche und ein bewaffneter Raubüberfall wurden auf die Trinkhalle verübt. Doch Schmidt lässt sich nicht kleinkriegen. Von Böhlen-Treskow: „Dass mein Chef nicht aufgegeben hat, dafür möchten wir ihm danken.“

Und in gewisser Weise ist dies auch eine kollegiale Unterstützung und ein bisschen Therapiearbeit für Gabriele Haubold, die den Abend angstvoll miterleben musste, als im Dezember plötzlich zwei Jugendliche mit einer Schusswaffe auftauchten und sie bedrohten. „Die konnten zum Glück nach dem Überfall gefasst werden. Aber die Angst ist immer noch da, dass es wieder passieren könnte.“

Budenkultur gibt’s nur bei uns im Ruhrgebiet

Doch solch schlimme Erlebnisse sind absolut die Ausnahme im Budenleben, das hier am Scheideweg niemand missen möchte. Schmidt: „Diese Kultur gibt es nur im Revier. Der möchte ich frönen, solange es geht.“ 80 Prozent der Einholer sind Stammkunden. Und die dürfen sich im kleinen Laden, der mit gefüllten Regalen und Vitrinen vollgestellt ist, auf 4000 bis 5000 Artikel jeglicher Art freuen, sagt Schmidt stolz. „Wir sind eine der am besten bestückten Buden weit und breit.“ Post, DHL, Vestische – alles da. Selbst Exotisches wie mehrere Modellbahn-Fachzeitschriften sind vorrätig. Und die legendäre gemischte Tüte könnten die Kids gleich kiloschwer heraustragen.

An sechs Tagen in der Woche öffnet der Kiosk seine Türen bereits um 4.30 Uhr. Von Böhlen: „Die ersten Kunden holen sich ihr geschmiertes Brötchen und den Kaffee für die Schicht ab.“ Ein nettes Pläuschchen gehört selbstverständlich dazu. Am besten gehen immer noch Zigaretten, samstags und sonntags sind es Bonbons und Eis. Haubold: „Man kennt die Kunden. Wenn sie reinkommen, liegt alles schon auf dem Tisch.“ Kunden? „Ach was“, sagt von Böhlen, „sehr viele sind schon zu Freunden geworden.“ Genauso wie die Vierbeiner, die mit Herrchen und Frauchen vorbeischauen und aus Gewohnheit einen fordernden Blick zeigen. Von Böhlen: „Die wissen genau, dass sie immer ein Stück Fleischwurst bekommen.“

Große Party auf der Wiesenfläche

Jetzt drücken Kunden und Verkaufsteam die Daumen, hoffen auf den Gewinn, den großen Eventtag. Logistisch ist alles kein Problem. Ein Banner soll für Aufmerksamkeit sorgen, für die Nutzung der Stellplätze vorm Kiosk will Schmidt einen Antrag bei der Stadt stellen und neben der Bude öffnet sich eine 500 Quadratmeter große Wiesenfläche für eine Bespielung jeglicher Art. Schmidt: „Es soll ein buntes Buden-Garten-Fest werden.“

Aufruf: Wir suchen Ihr Budenerlebnis 

Daumen drücken ist nun also angesagt: Fest stehen jedenfalls die Auswahlkriterien der Ruhr Tourismus GmbH. Neben der Originalität sind es auch die Lage, die Architektur und die logistischen Gegebenheiten der Bude. Übrigens, auch wenn die Trinkhalle Schmidt am 1. Tag der Trinkhallen nicht dabei ist, soll trotzdem gefeiert werden. Schmidt: „Dann stellen wir ein eigenes Programm auf die Beine, um auf die Budenkultur hinzuweisen.“

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