Gladbeck. Jetzt 160 Kinder, Männer und Frauen in der Sporthalle der Gesamtschule untergebracht. Die Helfer bemühen sich, den Menschen Beschäftigung anzubieten.
Seit etwa fünf Wochen sind Flüchtlinge nahezu aller Altersstufen, vom Baby bis zum Senior, in der Turnhalle der Gesamtschule als Notunterkunft untergebracht. Ein Leben von mittlerweile rund 160 Menschen auf engstem Raum im Ausnahmezustand, die auf eine Zukunft im friedlichen Deutschland hoffen. Ein unsicheres Warten, wobei sich auch kleine, wunderbare Geschichten ereignen, die die Hoffnung auf glücklichere Lebensumstände nähren.
Damit generell in der Großunterkunft für Menschen aus 17 Nationen kein ‘Lagerkoller’ aufkommt, sind die zuständigen Kräfte bemüht, den ‘Gästen auf Zeit’ eine Tagesstruktur mit Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten.
Der Freizeit- und Spielekeller des Jugendamtes werde täglich am frühen Nachmittag geöffnet; Deutschkurse, Fußballtraining oder Trommelworkshops würden angeboten, berichtete Bürgermeister Roland jetzt dem Sozialausschuss. Die Gäste könnten zudem das von einem Wachdienst gesicherte Areal verlassen, um eigenständig die Freizeit zu gestalten. Besonderes Lob sprach Roland dem gut organisierten Deutschen Roten Kreuz aus, das die logistische Hauptlast trage, „ein Glücksfall für Gladbeck, sodass innerhalb kürzester Zeit hoch konzentriert und mit souveräner Ruhe die schwierige Aufgabe der Unterbringung bewältigt wurde“.
Keine Durchfallerkrankungen
Eine Struktur des Tages wird bereits durch die drei zu festen Zeiten von Ehrenamtlichen der Ev. Flüchtlingshilfe an einer Theke ausgegebenen Mahlzeiten vorgegeben:
Freizeitbeschäftigung im Herbst und Winter schwieriger
Dass jetzt im Sommer die Möglichkeit des Aufenthaltes und der Freizeitgestaltung für die Flüchtlinge im Freien einfacher sei als im nahenden Herbst und Winter, wurde im Sozialausschuss auch diskutiert.
Von Seiten vieler Ausschussmitglieder kam das Angebot, gerne dazu beitragen zu wollen, den Gästen auf Wunsch eine Aufgabe zu geben, die sie auch stärker aktiv in die Gesellschaft einbindet.
Dazu sei es sicherlich sinnvoll, die Kompetenzen der einzelnen Flüchtlinge herauszufinden, folgte als weiterer Vorschlag.
Ulrich Roland bestätigte, dass sich die Gäste über das Gefühl der Eingebundenheit freuen. Behutsamkeit sei aber wichtig, um niemanden zu überfordern.
Über das Sozialamt sollen Angebote für Flüchtlinge gesammelt und koordiniert werden.
Frühstück, Mittag- und Abendessen. Aus dem Angebot könne frei ausgewählt werden, auch Nachschlag sei möglich, und selbstverständlich würden auch religiöse Einschränkungen berücksichtigt, informierte DRK-Leiter Wilhelm Walter. Das DRK arbeitet mit der Großküche der Katholischen Kliniken in Horst zusammen, so dass alle gesetzlichen Vorgaben (z.B. Anlieferung warmer Speisen mit mindestens noch 63 Grad) eingehalten werden.
Auch interessant
Aus hygienischen Gründen werde Einmal-Geschirr und -Besteck verwendet, und jeder Gast sei gehalten, „vor der Mahlzeit die Handdesinfektion zu nutzen“, so Walter weiter. Durchfallerkrankungen habe es so nicht gegeben.
Da die Hygiene von 160 eng zusammenlebenden Menschen in der 1700-qm-Halle nicht unproblematisch sei, werde der Unterkunfts- sowie Sanitärbereich drei Mal täglich gereinigt. Um etwas Privatsphäre zu ermöglichen, sei es aber gestattet, die Wohnparzellen – soweit möglich – „auch individuell einzurichten“.
Jeder Gast sei nach der Ankunft umfassend medizinisch untersucht worden. Zudem stehe ein Arzt ständig für die Flüchtlinge in Bereitschaft, da es auch besondere Herausforderungen gebe: zum Beispiel fünf schwangere Frauen, eine davon ist bereits im achten Monat.
Kleine medizinische Wunder
In Sachen medizinische Untersuchung ereigneten sich auch menschlich anrührende Mutmach-Geschichten. Wie die eines vierjährigen Mädchens, bei dem ein schwerer Herzfehler festgestellt wurde. Das Kind hätte in der umkämpften Heimat keine Überlebenschance gehabt, wird nun in einer deutschen Spezialklinik operiert und hat so eine Zukunft.
Oder das kleine Wunder des Jungen, der mit halbseitiger Lähmung die Notunterkunft erreichte. Ein Physiotherapeut stellte dazu die überraschend-erfreuliche Diagnose, dass die Ursache gut zu beheben sei, nach zehn Behandlungen sei die Lähmung wohl verschwunden. Auch einem Erwachsenen, der in den Kriegswirren durch Folter einen schweren Hüftschaden erlitt, wird mit einer OP geholfen.
Der erfahrene Rot-Kreuz-Leiter Walter zeigte sich berührt von der großen Anteilnahme, von den Spenden und den Hilfsangeboten aus der Bevölkerung: „35 Personen sind dem DRK beigetreten, um als Ehrenamtliche die Flüchtlingsbetreuung zu unterstützen.“
Den Gästen selbst sei es ein Anliegen, „sich für die freundliche Aufnahme zu bedanken, indem sie etwas für die Stadtgesellschaft leisten“, berichtete Bürgermeister Roland weiter. Die Gäste hätten um Gerät gebeten, um den Außenbereich zu reinigen, auch die Stehstufen des Sportplatzes seien gründlich von Unkraut befreit worden.