Gladbeck. Ein WAZ-Radlerteam fuhr 38 Kilometer entlang der Stadtgrenze um Gladbeck herum und machte dabei eine Reihe von Entdeckungen und gewann neue Eindrücke.
Nicht einmal um die ganze Welt, aber immerhin einmal um die ganze Stadt: Dazu machte sich die WAZ am Dienstag auf den Weg – mit dem Rad. Zwei ausgewiesene Zweiradfreunde ließen sich nicht lange bitten und begleiteten den Chronisten: Radsportexperte Horst Killmann, auch mit 76 Jahren noch ein Vollblut-Radler, und Peter Happe (53), Zweiradhändler aus Zweckel.
„Das wird sicher ganz spannend“, meint Horst Killmann beim Treffen der WAZ-Radler auf der Stadtgrenze am Ende der Ringeldorfer Straße, dort, wo es in die grüne Heege auf Gelsenkirchener Gebiet hin-übergeht. „Wir kommen sicher in Ecken, wo wir noch nie waren“, merkt Peter Happe an.
Die WAZ hatte zum ungewöhnlichen Projekt eingeladen: Gladbeck entlang der Stadtgrenze zu umrunden. Mindestens müssen 33,9 Kilometer geschafft werden – so lang ist die Stadtgrenze offiziell. Nicht immer geht das exakt auf dieser imaginären Linie, mitunter sind unbekannte Wege und verschlungene Pfade zu fahren. Und gelegentlich geht es auf fremdes Terrain – jenseits der Stadtgrenze, wie beim Start der Grenz-Radeltour, als das WAZ-Trio kurz über die Clasdelle radelt, um auf einen Feldweg von Bauer Reimann einzubiegen – einen grandiosen Blick ins Emschertal gibts dazu.
Durch den Kleingarten Nattbach huschen die Grenzradler schnell wieder zurück auf Gladbecker Gebiet und gelangen über Feld- und Behmerstraße in die nächste grüne Oase: die Sellhorst’schen Felder. Linker Hand taucht der Hof auf, hinter dem sich die Stadtgrenze zieht. Über einen Weg des Braucker Friedhofs erreichen die Radler den Lützenkamp, wo sich die Stadtgrenze um die Rosenhügeler Häuser und durch die Gärten schlängelt.
Auf der Veilchenstraße, die selbst die Stadtgrenze ist, winkt ihnen Renate Guerrini zu – eine „Grenzgängerin“: Sie stammt aus Horst, wohnt nun aber seit bald 30 Jahren auf der Gladbecker Seite der Veilchenstraße. „Kein Problem“, versichert sie. Schnell erreicht das Trio den Südosten der Stadt (Am Bergerot), gelangt über Kärntener Ring, Breuker-, Mathias- und Roßheidestraße in den tiefen Braucker Süden – ein Abschnitt, der sich als Gang zwischen den Städten entpuppt. Nirgendwo sonst begegnen die Grenzradler so vielen der knatschgelben Ortseingangsschilder. „Da hinten liegt irgendwo das Städtedreieck mit Gelsenkirchen und Essen“, zeigt Horst Killmann in einen Garten hinter der Schleusenstraße.
Nördlich der Brauckstraße biegen die Grenzradler auf den Weg um die „Braucker Alpen“, die Halden, ein – und fahren genau an der Boye, dem Grenzfluss, entlang. Schnell ist man jenseits der B 224 im Pelkumer Feld, gelangt nach Wittringen und entlang der Ellinghorster Halde (alles Wege durchs Grün!) in den Westen der Stadt. Über ein Stück Bottroper Straße rückt das Team wieder dem Grenzfluss Boye näher: Zwischen Autobahn und Gewerbegebiet Hornstraße wird ein Pfad genutzt, „kein Rad-, eher ein Wanderweg“, wie Killmann feststellt. „Das ist besonders reizvoll, abseits der Wege Neues zu entdecken“, sagt hingegen Happe.
Das gilt auch für den „Wanderweg“ hinter Flachglas und Wiesenbusch, über den das Trio in das grüne Rentfort gelangt. Nördlich der Kirchhellener Straße geht es weiter über die Uechtmannstraße und Pättkes entlang des ehemaligen Krankenhausgutes. Das Trio erreicht den Quellsumpf Klein-Brabeck. Halb rechts wird die Phenolchemie sichtbar, links liegt Terwellen. „Und hinten, an der Baumreihe, da verläuft die Stadtgrenze.“ Vorbei am Beisenbusch und Ineos Phenol geht es in den Zweckeler Wald, in den grünen Norden der Stadt, der Brücke zum Münsterland. Über die Weiherstraße stößt das Trio im Möllerbruch, dem grünen Niemandsland, auf die 400-Meter-Stadtgrenze zu Dorsten, der einzigen Kreisverbindung.
Bald erreichen die Grenzradler die Buerelter Straße, die sie schnurstracks – vorbei am Kraftwerk, das kaum zu sehen, nur leicht zu hören ist – den Weg zurück Richtung Süden weist. Auf dem Scheideweg wird die Grenze noch einmal „fühlbar“: Hier ist der Name Programm, der Scheideweg trennt und verbindet Zweckel und Scholven. Vorbei an Bülse und über die Gecksheide erreicht das Trio nach 38 km und knapp vier Stunden den Ausgangspunkt der Tour – reine Fahrtzeit waren es aber nur gut drei Stunden!
Die Grenz-Radeltour bietet einen neuen, anderen Blick auf Gladbeck
Die Stadtgrenze sieht man nicht, spürt man nicht und fühlt man nicht – dennoch gibt es sie. Ortseingangsschilder und die Straßenschilder geben ein wenig Orientierung, ansonsten hilft hin wieder ein Blick auf die Stadtkarte.
Umrundet wurden bei einer gefahrenen Streckenlänge von 38 Kilometern knapp 36 Quadratkilometer Stadtgebiet. Und nebenbei absolvierte das Trio rund 60 Höhenmeter.
Auf jeden Fall ergeben sich bei der Tour entlang der Stadtgrenze neue Perspektiven: Nicht auf eine andere Stadt, aber ein anderer Blick auf die Stadt, so Begleiter Horst Killmann am Ende der Radeltour. „Und man erkennt, dass Gladbeck größer ist als man denkt“, sagt Peter Happe, der ebenfalls die WAZ bei der Grenzfahrt begleitete. Beide empfehlen, die Radtour nachzuradeln. „Auch wenn die Gefahr besteht, sich das eine oder andere mal ein wenig zu verfahren, die Strecke ist einfach total reizvoll“, meinen beide Radexperten. Einige kleine Abschnitte sind auch etwas mühsam – zur Not lasse sich das aber auch umfahren.
Schon vor drei Jahren hatte die WAZ zur Grenzwanderung rund um Gladbeck eingeladen – allerdings per pedes. Damals hatte die Redaktion die Strecke in sieben Etappen mit wechselnden Begleitern absolviert und detailreich vorgestellt – und eine ganze Reihe Gladbecker zum „Nachwandern“ animiert. „Vielleicht gelingt es ja diesmal, auch Radler auf die Strecke zu locken“, hofft das Radel-Trio.