Gelsenkirchen. Jeder Ostdeutsche bekam nach dem Mauerfall 100 Deutsche Mark Begrüßungsgeld. Die städtischen Mitarbeiter Klaudia Peters und Ulrich Exner zahlten es damals aus – auch mal am Wochenende.

Jeder Ostdeutsche bekam nach dem Mauerfall 100 Deutsche Mark Begrüßungsgeld. Die städtischen Mitarbeiter Klaudia Peters und Ulrich Exner zahlten es damals aus – auch mal am Wochenende.

Freitagnachmittags, es war der 17. November 1989, der Tag acht nach dem Mauerfall, war Klaudia Peters gerade beim Autowaschen, als der Fahrer der Stadt vorfuhr und sie zur Arbeit abholte. Ähnlich erging es Ulrich Exner. Der begeisterte Tischtennisspieler wollte zum Sport. Der Ansturm vor dem Hans-Sachs-Haus war groß. Die beiden mussten „mit anpacken“.

Freitag, Samstag und Sonntag saßen Peters und Exner in den Räumen des Verkehrsvereins. Dort war die erste Auszahlungsstelle. „Der Flur war schwarz mit Menschen“, erinnert sich Klaudia Peters. 280 DDR-Gäste zählte die Verwaltung am Freitag, 64 am Samstag und 22 am Sonntag. Im Vergleich zu den grenznahen Städten war das überschaubar, der Verwaltungsaufwand gleichwohl immens. Die Daten der Antragsteller mussten in die Liste eingetragen werden, der Antrag für das Begrüßungsgeld unterzeichnet, im Ausweis der Besucher ein Vermerkt gemacht, der Erhalt der 100 Mark quittiert werden. „Die Leute waren sehr zurückhaltend, ja fast vorsichtig“, beschreibt Peters die Wartenden. Viele reisten mit dem eigenen Trabi nach Gelsenkirchen an, um ihre Verwandten zu besuchen.

Junge Familien kamen zu Besuch

Neu für Ulrich Exner war, dass unter den Besuchern junge Menschen, junge Familien mit Kinderwagen waren. „Vor dem Mauerfall durften ja immer nur Rentner in den Westen ausreisen. Die erhielten dann 30 D-Mark Begrüßungsgeld.“ Das schon damals übliche Begrüßungsgeld bekamen einreisende Bürger der DDR und aus Polen, soweit eine deutsche Abstammung nachgewiesen werden konnte, um deren Aufenthalt in der Bundesrepublik zu unterstützen. Es wurde 1970 eingeführt und aus Mitteln des Bundeshaushalts gewährt. DDR-Reisende konnten es zweimal im Jahr in Anspruch nehmen. 1988 wurde es auf 100 DM erhöht, durfte jedoch nur einmal im Kalenderjahr beansprucht werden.

Was die Besucher mit dem Begrüßungsgeld machten, ob sie es in Gelsenkirchen für Bananen und Kaffee ausgaben oder auf die hohe Kante legten – das erfuhren die beiden Verwaltungsmitarbeiter nicht. Dafür fehlte die Zeit, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Für Peters und Exner war es rückblickend „spannend, in eines der wichtigsten Ereignisse in der deutschen Geschichte eingebunden gewesen zu sein“. Dabei war es der pure Zufall, dass die beiden Verwaltungsmitarbeiter an jenem 17. November zu Hause waren.