Gelsenkirchen. . Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) in NRW möchte Hartz-IV-Empfänger in Kitas und Altenheime schicken. Vor allem Langzeitarbeitslose sollen so wieder in Lohn und Brot gebracht werden. Eltern in Gelsenkirchen sehen den Einsatz von „Aushilfen“ allerdings sehr kritisch.
Geht es nach dem Willen der nordrhein-westfälischen Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK), dann sollen langjährige Hartz-IV-Empfänger, die kaum Aussicht auf Rückkehr auf einen regulären Arbeitsplatz haben, als Assistenten in Schulen, Kitas sowie Alt- und Pflegeheimen eingesetzt werden. Im Gegenzug werden ihre Sozialleistungen aufgestockt und künftig als Gehalt gezahlt. Oberbürgermeister Frank Baranowski steht an der Spitze des Vordenker-Gremiums. Doch wie denkt man hier über die Pläne?
Geteilte Resonanz - „Wir brauchen qualifizierte Kräfte"
Dirk Sußmann, stellvertretender Leiter des Integrationscenters für Arbeit (IAG) bewertet die Idee als „Schritt in die richtige Richtung, Langzeitarbeitslosen in eine sinnstiftende Arbeit zu bringen“. Diese Idee gehe noch über die des Projekts „Aktivjobber“ hinaus, die weiter Hartz IV bezögen und pro Stunde Arbeit mit 1,50 Euro bezahlt würden – das aber befristet für maximal ein Jahr. Die neue Idee sieht vor, dass „Betroffene kein Hartz IV mehr beziehen und per Arbeitsvertrag in eine längerfristige Beschäftigung wechseln“. Bei einer Quote von 70 Prozent Langzeitarbeitslosen in Gelsenkirchen“, sagt Sußmann, „ein guter Ansatz.“
Allerdings auch einer, „der Zweifel nährt“, wie bei Stadtrat Dr. Manfred Beck (Grüne): „Wir brauchen qualifizierte Kräfte, klar, aber die Arbeit in Heimen und Kitas erfordert hohe Qualifikationen. Offen ist, wer diese Anforderungen meistern kann und für den Job überhaupt geeignet ist.“ Ansonsten bliebe es für jene nur bei einfachen Helfertätigkeiten – das sei zu wenig.
Langzeitarbeitslose blühen später auf
Aus städtischen Kindertageseinrichtungen hört man, dass man vor Ort mit „Aktivjobbern“ oder auch Teilnehmern an der Aktion „Bürgerarbeitsplatz“ durchaus gute Erfahrungen gemacht hat – weil diese Aufgaben übernehmen, für die Erzieherinnen und Stammpersonal keine Zeit haben, wie etwa Gartenarbeiten, Fahrdienste oder Besorgungen. „Wir nennen sie die ‘Kita-Kümmerer’“, verrät eine Kita-Leiterin der WAZ. Die Aufgaben von Erziehern würden diese zusätzlichen Kräfte aber nicht übernehmen: „Wir haben aber schon oft erlebt, dass die Langzeitarbeitslosen aufblühen, wenn sie hier einen geregelten Arbeitstag haben und in die Pflicht genommen werden.“
Elternschaft sieht die "Aushilfen" kritisch
In der Elternschaft sieht man den Einsatz von „Aushilfen“ in Kitas kritisch: „Das Thema ist für uns nicht neu. Wir Eltern bestehen allerdings darauf, dass Menschen, die mit unseren Kindern in Kontakt kommen, vorher entsprechend geschult und ausgebildet werden. Und sicherlich eignet sich auch nicht jeder für so einen Job“, sagt Stefan Bungard, der Vorsitzende des Jugendamtselternbeirat Gelsenkirchen.
Ähnlich sieht das auch Heike Schlossarek, die bei der Stadt den Geschäftsbereich „GeKita“ leitet. „Wir gucken uns jede Person, die uns über solche Programme zugewiesen wird, genau an und achten dabei auch auf eine entsprechende Vorbildung im erzieherischen Bereich. Zudem ist uns wichtig, dass die Langzeitarbeitslosen zusätzlich eingesetzt werden und keine anderen Mitarbeiter verdrängen.“
220 Plätze für Langzeitarbeitslose in Gelsenkirchen durch neues ESF-Programm
Um Langzeitarbeitslose in Lohn und Brot zu bringen, legt die Bundesregierung im nächsten Jahr ein neues Europäisches Sozial Fonds-Programm (ESF) auf, wie Dirk Sußmann berichtet. „Geplant ist“, so der stellvertretende IAG-Leiter, „dass sich die Stadt mit 220 Plätzen daran beteiligt“. Anvisiert als Starttermin ist das Frühjahr 2015. Die Rahmenbedingungen in Gänze wird das Jobcenter im November bekommen.
Parallel zum neuen ESF-Programm verstärkt sich das IAG in Gelsenkirchen. Eingestellt werden so genannte Akquisiteure, die in lokalen Unternehmen nach freien Stellen für diese Klientel suchen. Zudem wird es Jobcoaches geben, die die Betroffenen begleiten und ihnen beim Wiedereinstieg helfen. „Das kann unter anderem auch ein Besuch bei der Familie sein, um zu schauen, welche Umstellungsschwierigkeiten es gibt, wenn Vater oder Mutter plötzlich wieder täglich acht Stunden arbeiten gehen“, sagt Sußmann.