Gelsenkirchen. 99 Mitarbeiter der Gelsenkirchener Großbäckerei Stauffenberg haben im Rahmen des Insolvenzverfahrens ihren Job verloren. Über 70 ehemalige Beschäftigte klagten vor dem Arbeitsgericht – mit unterschiedlichem Ausgang. Die Rechtsvertreterin des Insolvenzverwalters beantragte derweil Prozesskostenhilfe.

Im April hatten 99 Mitarbeiter der Großbäckerei Stauffenberg im Rahmen des Insolvenzverfahrens ihren Job verloren. Über 70 ehemalige Beschäftigte klagten vor dem Arbeitsgericht. Einige waren erfolgreich, müssen im Nachfolgebetrieb Stauffenberg Co & KG weiter beschäftigt werden. Geringer sind die Chancen für die 56 ehemaligen Fahrer. Der Fahrdienst wurde ausgegliedert. Heute beliefert die CCT Logistik GmbH die Großkunden mit den Backwaren der Gelsenkirchener. Die Fahrer verdienen durchschnittlich 1000 Euro im Monat weniger.

Man merkt vor Gericht die Verbitterung der Kläger, die teilweise über zwei Jahrzehnte bei dem Rott-hausener Traditionsunternehmen gearbeitet haben. Tradition, Verbundenheit und Werte, so ihre Kritik am neuen Management, zählten nicht mehr, nachdem der letzte Chef der Stauffenberg-Familie sich zurückgezogen und das Unternehmen verkauft hätte. Verbittert ist auch der ehemalige Leiter des Fuhrparks. Er war 25 Jahre dabei, hatte den Fuhrpark elf Jahre lang geleitet, war aber zuletzt als Fahrer eingesetzt. „Ich habe mehr als Herzblut in die Arbeit gesteckt, ich fühle den Einsatz für die Firma jetzt mit Füßen getreten.“

Die Leasingverträge für die Fahrzeuge waren ausgelaufen

Der 53-Jährige muss vor Gericht die bittere Erfahrung machen, dass nicht die überwiegende, sondern nur die letzte Tätigkeit bei der Beschreibung des Arbeitsplatzes zählt. Und somit galt er als Fahrer. Und die gehörten alle zu den Verlierern, weil der Fahrdienst nach der Insolvenz nicht mehr existierte. Die Leasingverträge für die Fahrzeuge waren ausgelaufen, Betriebsmittel also nicht mehr vorhanden. Stauffenberg backt heute seine Brötchen weiter, lässt sie aber von der Fremdfirma ausliefern. Wenn sich der 53-Jährige auf seinen ursprünglichen Vertrag beziehen will, wäre für die Weiterbeschäftigung nicht der Insolvenzverwalter, sondern der Nachfolger, Stauffenberg Co & KG, der Ansprechpartner.

Einen Vergleich schloss ein weiterer Fahrer ab

Und da wären die Chancen auf Wiedereinstellung größer. Denn vor Entlassungen müssen bei der Betriebsratsanhörung die persönlichen Daten wie Dauer der Betriebszugehörigkeit und Familienstand verglichen und berücksichtigt werden. Der Vergleich, auf den sich der Mann vor Gericht schließlich einließ, ist sicherlich nur ein schwacher Trost für ihn. Der Kündigungstermin wurde verlängert, auf den 30. November 2014 gelegt. Arbeitslosengeld fließt jetzt um einige Monate mehr. Einen neuen Job hat der 53-Jährige noch nicht.

Einen Vergleich schloss auch ein weiterer Fahrer (49) ab, der 14 Jahre bei Stauffenberg im Einsatz war. Für ihn ist die Änderung des Kündigungsdatums weniger bedeutend. Seit Mai hat er einen neuen Arbeitgeber, verdient jedoch 1000 Euro netto weniger als bei Stauffenberg.

Ein pikantes Detail wurde vor Gericht zusätzlich bekannt. Die Rechtsvertreterin des Insolvenzverwalters beantragte Prozesskostenhilfe. Die Kasse, so erklärte sie, sei leer, das Insolvenzverfahren könne nicht mehr weitergeführt und müsse vermutlich eingestellt werden. Das Geld für die Prozesskostenhilfe, durchschnittlich gut 1100 Euro pro Klage, zahlen die Steuerzahler.