Gelsenkirchen. Weil eine Buchbestellung über Amazon nicht pünktlich eintrifft, bewertet ein 35-jähriger Gelsenkirchener Augenarzt den Service negativ – und wird daraufhin vom Online-Versandhändler verklagt. Ein kurioses Detail dazu: Der Mediziner hatte die Bewertung sogar zwischenzeitlich wieder gelöscht.

Zu welchem Ärger und Schrecken ein Bewertungsklick führen kann – tagtäglich millionenfach von Kunden gemacht – das musste ein Gelsenkirchener Augenarzt jetzt erleben. Ihm flatterte nach einer negativen Bewertung eine Klageandrohung wegen Geschäftsschädigung ins Haus. Angeblicher Streitwert: 10.000 Euro.

Der 35-jährige Mediziner arbeitet in leitender Funktion in einem Krankenhaus vor Ort und hatte sich am 4. Dezember 2013 zur Vorbereitung auf die anstehende Facharztprüfung über den Online-Versandhändler Amazon das Buch „Checkliste Augenheilkunde“ bestellt. Seine Wahl fiel auf einen Bonner Anbieter, die Auslieferung war für den siebten bis zwölften Dezember vereinbart.

Angst um Familie

Als das Buch zum vereinbarten Termin nicht geliefert wird, bestellt der Arzt, der ungenannt bleiben möchte, das Werk woanders und erhält sein Geld zurück. Trotzdem soll Herr E. am 14. Dezember eine Bewertung abgeben – bei Fragen wie „Artikel nicht gekommen“, „rechtzeitig zugestellt“ und „Kundenservice“ drückt er sein Missfallen durch einen Nein-Klick aus.

„Am 30. Dezember“, sagt der Familienvater, „wurde ich in einem Schreiben vom Anwalt des Händlers aufgefordert, die Bewertung bis zum 2. Januar 2014 zurückzunehmen. Wegen der Geschäftsschädigung.“ Der Streitwert würde mit 10.000 Euro angesetzt. „Da habe ich Angst bekommen“, erzählt der Arzt, „schließlich habe ich Familie.“ Seine Frau ist ebenfalls Ärztin, das Paar hat drei Kinder.

Bewertung zurückgenommen

Also telefoniert Herr E. aufgeregt mit Amazon, lässt sich erklären, wie man eine Bewertung löscht und „ist sehr erleichtert“, als es ihm ohne Umstände gelingt.

Ruhe? Aber nein. Am 7. Januar 2014 bekommt der Augenarzt eine Rechnung über 571,44 Euro – Anwaltskosten der Gegenseite, die er zu begleichen habe. Abermals verängstigt, sucht Herr E. nun Rat beim Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens, letztlich soll den Fall das Amtsgericht Recklinghausen klären.

Arzt will nun nie wieder etwas online bestellen

„Der Richter hat es gar nicht erst zu einer mündlichen Verhandlung kommen lassen“, erklärt Kempgens. Der Kläger habe seinen Anspruch nicht schlüssig dargestellt. Selbst das Argument, der Arzt habe einen falschen Namen angegeben, zog nicht. Der Hausmeister hatte nämlich auf dem Briefkastenschild von Herrn E. versehentlich den Buchstaben „l“ am Ende angehängt. Ausgang: Der Schadensersatzanspruch wurde abgewiesen.

Der Arzt ist erleichtert, er wird nicht zur Kasse gebeten. Seine Lehren hat der 35-jährige Gelsenkirchener aber aus „dem ganzen Theater“ gezogen: „Online werde ich nie wieder etwas bestellen oder noch einmal eine Bewertung abgeben.“

Übrigens: Der Kläger muss nun auch die Kosten des Gelsenkirchener Anwalts tragen: 261,90 Euro. Und bleibt auf den eigenen Kosten auch noch sitzen.