Essen. Die beiden Gelsenkirchener Angeklagten, die aus dem kurdischen Irak stammen, hatten in Deutschland ihr Leben gut gemeistert, Schule und Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Umso mehr wunderte sich das Landgericht über die Reihe brutaler Überfälle auf Spielhallen in Kray und Gelsenkirchen.

Auf eine lange Haft hatte sich der 21-Jährige schon lange einstellen dürfen. Sechs Spielhallen hatte er überfallen, und da kam er am Landgericht Essen mit fünf Jahren Jugendhaft relativ milde davon. Seine ein Jahr ältere Freundin verurteilte die Jugendstrafkammer wegen Beihilfe zu zwei Jahren Haft mit Bewährung.

„Es war eine Tatserie, die uns ratlos und staunend gemacht hat“, bemerkte Richter Günther Busold gleich zu Beginn der Urteilsbegründung. Denn die beiden Gelsenkirchener Angeklagten, die aus dem kurdischen Irak stammen, hatten in Deutschland ihr Leben gut gemeistert, Ausbildungsplätze bekommen und erfolgreich gelernt. Vor allem der 21-Jährige hatte in seiner Jugend schwierige Lebensumstände überwunden. Als Zehnjähriger musste er nach eigenen Angaben schon die Vaterrolle in der Familie übernehmen, weil sein Vater bereits in Deutschland lebte. Zwei Jahre später blieb er sieben Monate lang alleine in der Türkei, bevor er dem Vater folgte.

Überwachungsvideo zeichnete Täter auf

Dass er mit falschen Papieren einreiste, die ihn offenbar zwei Jahre älter machten, brachte ihn jetzt vor die Jugendstrafkammer. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft ihn nämlich vor dem Erwachsenengericht mit einer deutlich höheren Strafandrohung angeklagt. Ärztliche Gutachten, die Zahnstatus und die Struktur von Schlüsselbein und Handwurzelknochen bewerteten, bestätigten dann aber, dass er jünger ist.

Alt genug für eine brutale Raubserie war er im November 2013. Spielschulden gab er als Motiv an. Am 14. November steht er um 7.10 Uhr in einer Essener Spielhalle am Krayer Markt, zielt auf den Kopf der Kassiererin. Am 19. November taucht er in Gelsenkirchen in der Spielhalle Horster Straße 76 auf. Seine Freundin hatte den Tatort zunächst ausgespäht. Einen Tag später ist eine weitere Spielhalle auf der Horster Straße das Ziel. „Kasse auf, sonst knalle ich dich ab“, ruft er.

In Gelsenkirchen sind die Spielhallenbesitzer mittlerweile gewarnt, wenn eine Frau solo auftaucht und das WC aufsucht. So scheitert am 22. November der Überfall auf eine Spielhalle, weil die Kassiererin die Tür hinter der Angeklagten abschließt und der Räuber abziehen muss. In Essen hat er am 22. und 30. November am Heinrich-Sense-Weg und in der Krayer Straße mehr Glück. Insgesamt erbeutet das Paar 5700 Euro. Ein professioneller Räuber war der 21-Jährige nicht. Beim zweiten Überfall hatte er sich die Maske vom Kopf gezogen, nachdem er die Kassiererin auf der Toilette eingesperrt hatte. So war er auf den Überwachungsvideos gut zu sehen.