Gelsenkirchen. Montag besuchte Essens Bischof Franz-Josef Overbeck die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen, sah sich in Begleitung von NRW - Justizminister Thomas Kutschany deren Musterzelle, die Bibliothek und die Sporthalle, sowie Arbeitsplätze der Inhaftierten in der Schlosserei an – und suchte das Gespräch.
Papst Franziskus sorgte für Aufsehen, als er, sich bückend, zwölf jungen Insassen in einem römischen Jugendgefängnis die Füße wusch. Statt sich nur um ihre Gemeinde zu kümmern, riet er, müssten die Priester vielmehr dorthin gehen, wo andere auf das Evangelium warteten. Gestern tat Essens Bischof Franz-Josef Overbeck genau das. Er besuchte die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen, sah sich deren Musterzelle an, die Bibliothek und die Sporthalle, sowie Arbeitsplätze der Inhaftierten in der Schlosserei.
Mageda*, der jungen Libanesin, ist die Aufregung anzusehen. Bis eben noch hat sie in der Sporthalle der JVA mit einer Handvoll anderer Frauen Bauch, Beine, Po trainiert, und plötzlich tritt ein deutscher Bischof auf sie zu, um ihr die Hand zu schütteln. Ein bisschen Small Talk, nicht mehr, ein „Guten Tag“, ein „Und gute Erholung!“, dann ist er auch schon wieder fort.
Nudeln mit Putenfleisch als Mittagessen
Seit etwas mehr als einem Jahr sitzt die 30-Jährige in Haft, Weihnachten, hofft sie, wieder in Freiheit zu sein. Bei ihren drei Kindern. „Bei uns im Libanon herrscht Krieg. Ich habe Fehler gemacht. Diebstahl. Deshalb bin ich hier.“ Doch das hört der Bischof längst nicht mehr, in Begleitung von Justizminister Thomas Kutschaty und JVA-Leiter Carsten Heim, in einem großen Pulk von Mitarbeitern und Journalisten, ist er wieder unterwegs, zum nächsten Ort der Besichtigung.
Vorbei an dem Sportplatz, der zur Zeit etwas desolat wirkt, nicht genutzt wird, aber demnächst erneuert werden soll. Vorbei an Zellen, an vergitterten Fenstern aus denen Häftlinge neugierig die Besucher beobachten. Von der Sporthalle geht’s ins Obergeschoss, wo es jeweils einen Kirchenraum für weibliche und für männliche Gefangene gibt.
Zwei Seelsorger betreuen die Gefangenen zur Zeit, einen Gefängnispfarrer jedoch gibt es bereits seit März nicht. Auch das erfährt der Bischof bei dieser Gelegenheit, verspricht, sich zu kümmern. Einigen der Gefangenen, so Seelsorger Martin Schmitz, fehle tatsächlich die Möglichkeit zu beichten und zur Kommunion zu gehen. Manchmal gebe es im Gefängnis sogar Taufen.
Bischof Overbeck hört zu, besichtigt die Werkstätten, wird informiert, dass in der Schlosserei vor allem Aufträge für die Deutsche Post erledigt werden. Dass es Häftlinge gibt, die in Arbeitstherapien erst einmal wieder an regelmäßige Arbeit gewöhnt werden müssen. Als der öffentliche Teil des Besuchs beendet ist, setzt man sich zum Mittagessen zusammen. Nudeln mit Putenfleisch. Das Gericht, das es an diesem Tag in jeder Zelle gibt. Erst danach führt der Bischof Gespräche, die privat bleiben sollen – mit Häftlingen, aber auch mit dem Personalrat des Gefängnisses.
JVA Gelsenkirchen wurde für 620 Häftlinge geplant.
Die JVA Gelsenkirchen wurde für 620 Häftlinge geplant. Zur Zeit sitzen dort 344 Männer und 139 Frauen ein. Die Zahl der Häftlinge sinkt laut Justizminister Kutschaty seit einigen Jahren. 1998, als die Gefängnisse noch voller waren als heute, wurde die JVA Gelsenkirchen auf der Basis eines Architekten-Wettbewerbs errichtet.
Sie ist eine von zweien in Nordrhein-Westfalen, die sowohl Männer als Frauen aufnimmt – angelegt als im Rund gebauter, vierstöckiger Gebäudekomplex.
* Name geändert