Gelsenkirchen. Nach den hässlichen Vorkommnissen der letzten Wochen hat eine Delegation von CDU-Politikern die Synagoge besucht und der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Judith Neuwald-Tasbach ihre Solidarität bekundet. Auch OB Frank Baranowski meldete sich direkt nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub bei ihr.

Auch das war spontan -- im positiven Sinn: Die CDU-„Urlaubsbesatzung“ hatte Parteichef Oliver Wittke, MdB, zusammengetrommelt, um nach den hässlichen Vorkommnissen der letzten Zeit am Montagmorgen in der neuen Synagoge ein Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinde zu setzen.

„Die Synagoge ist Teil unserer Stadtgesellschaft. Wir können nicht zulassen, dass Konflikte von draußen in unsere Stadt hineingetragen werden“, sagte Wittke. Man wolle sich nach dem Befinden der Mitglieder der jüdischen Gemeinde erkundigen, so der Parteichef.

Der bei dieser Gelegenheit großes Unverständnis über das Verhalten der Polizei äußerte. Die hatte antisemitische Sprüche bei der ersten Versammlung bekanntlich nicht wahrgenommen. Aber, so Wittke: „Man kann nicht einfach sagen, ,Wir haben nichts gehört’, also machen wir auch nichts. Der Vorgang ist noch nicht abgeschlossen.“

Judith Neuwald-Tasbach: „Es tut gut, dass Sie gekommen sind“

Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, war gerührt. „Es tut gut, dass Sie gekommen sind. Für uns ist die aktuelle Situation eine unerwartete. Wir haben gedacht, dass wir mit diesem Haus in der Normalität angekommen sind.“ Sie berichtete ihren Gästen, darunter auch Werner Wöll, Markus Karl und Birgit Lucht, von dem Schock, nach dem Gullydeckelwurf hierher zu fahren.

„Ich habe beim Fegen an meinen Vater gedacht und was der wohl dazu gesagt hätte.“ Dazu, mit welcher hasserfüllten Wucht die vermummten Täter, die von der Kameraanlage der Synagoge aufgezeichnet wurden, die Scheibe eingeworfen hätten. Werner Wöll betonte während des Gesprächs: „Was da passiert ist, ist absolut nicht tolerierbar. Wir brauchen hier keinen Stellvertreterkrieg.“

OB Baranowski: Werden Hass und Hetze nicht tolerieren

Auch Oberbürgermeister Frank Baranowski hat Montag nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub sofort mit der Judith Neuwald-Tasbach telefoniert und deutlich gemacht, dass es in GE nicht toleriert werde, wenn volksverhetzende Parolen gerufen würden.

„Natürlich darf jeder demonstrieren, auch wenn es gegen die Politik eines anderen Staates gerichtet ist und damit auch gegen die israelische Politik. Was wir aber keinesfalls tolerieren sind Hass, Hetze, Gewalt und Antisemitismus. Meinungsfreiheit rechtfertigt keine Volksverhetzung und erst recht keine Gewalt gegen Menschen oder Gebäude“, so der OB. Bei derartigen Vorfällen seien Polizei und Staatsanwaltschaft gefordert, sofort einzugreifen. Er halte es auch für angemessen, eine Demonstration, aus der volksverhetzende und antisemitische Parolen gerufen werden, sofort aufzulösen.

Neue Scheibe kostet die jüdische Gemeinde 6000 Euro

Rund 400 Mitglieder hat die jüdische Gemeinde, zu deren Einzugsbereich auch Gladbeck und Bottrop gehören. Es seien viele russische Juden darunter, sagte Judith Neuwald-Tasbach, die ihre Religion in ihrer Heimat nicht ausüben konnten, weil sie Angst hatten. „Ich habe Religion zu Hause gelernt und mir vieles von meiner Mutter abgeschaut“, erzählt sie. In der jüdischen Gemeinde sei das heute anders.

Historische und aktuelle Bilder der Synagogen des Ruhrgebiets

Schauriges Szenario in Herne am 10. November 1938. Schaulustige
Schauriges Szenario in Herne am 10. November 1938. Schaulustige "Volksgenossen" und Schüler vor der abgebrannten Synagoge an der Schaeferstraße. © WAZ
Die zerstörte Herner Synagoge.
Die zerstörte Herner Synagoge. © WAZ
Im Hier und Jetzt: Die Synagoge in Bochum liegt in der Nachbarschaft des Planetariums und der Hildegardisschule. Luftbild: Hans Blossey
Im Hier und Jetzt: Die Synagoge in Bochum liegt in der Nachbarschaft des Planetariums und der Hildegardisschule. Luftbild: Hans Blossey © Hans Blossey
Eine alte Ansicht von Hattingen. Die Synagoge dort wurde ebenfalls 1938 zerstört.
Eine alte Ansicht von Hattingen. Die Synagoge dort wurde ebenfalls 1938 zerstört. © WAZ
Zum ersten Spatenstich für den Umbau der Alten Synagoge in Essen wurde im Oktober dieses Jahres eingeladen. Foto: Arnold Rennemeyer
Zum ersten Spatenstich für den Umbau der Alten Synagoge in Essen wurde im Oktober dieses Jahres eingeladen. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
1913 als Neue Synagoge der jüdischen Gemeinde in Essen eingeweiht, dient das Haus in der Essener Innenstadt heute als kulturelles Begegnungszentrum und Erinnerungsort der Stadt Essen. Foto: Arnold Rennemeyer
1913 als Neue Synagoge der jüdischen Gemeinde in Essen eingeweiht, dient das Haus in der Essener Innenstadt heute als kulturelles Begegnungszentrum und Erinnerungsort der Stadt Essen. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Mitten im Leben: Die Essener Synagoge während der Loveparade 2007...
Mitten im Leben: Die Essener Synagoge während der Loveparade 2007... © Hans Blossey
WAZ-Fotograf Hans Blossey hielt aus der Luft Millionen Raver und die Synagoge im Bild fest.
WAZ-Fotograf Hans Blossey hielt aus der Luft Millionen Raver und die Synagoge im Bild fest. © Hans Blossey
Luftbild von der unverkennbaren Essener Synagoge. Foto: Hans Blossey
Luftbild von der unverkennbaren Essener Synagoge. Foto: Hans Blossey © foto@luftbild-blossey.de
Eine frühere Gedenkveranstaltung an die Progromnacht in der Essener Synagoge. Foto: Arnold Rennemeyer
Eine frühere Gedenkveranstaltung an die Progromnacht in der Essener Synagoge. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ
Innenansicht der Essener Synagoge. Foto: Kerstin Kokoska
Innenansicht der Essener Synagoge. Foto: Kerstin Kokoska © waz
Historische Ansicht der Synagoge.
Historische Ansicht der Synagoge. © WAZ
Blick auf Synagoge und Rathaus von Essen. Foto: Hans Blossey
Blick auf Synagoge und Rathaus von Essen. Foto: Hans Blossey © Hans Blossey
Der Viktoriaplatz in Mülheim ist der Platz der ehemaligen Synagoge. Bild: Stephan Glagla
Der Viktoriaplatz in Mülheim ist der Platz der ehemaligen Synagoge. Bild: Stephan Glagla © WAZ
Zwischen den Fachwerkhäusern in Velbert stand früher die Synagoge von Langenberg. Repro: Franz Meinert
Zwischen den Fachwerkhäusern in Velbert stand früher die Synagoge von Langenberg. Repro: Franz Meinert © WAZ
Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Foto: Franz Meinert
Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Foto: Franz Meinert © WAZ
Die völlig ausgebrannte und zerstörte Synagoge in Bochum.
Die völlig ausgebrannte und zerstörte Synagoge in Bochum. © WAZ
In strahlendem Sonnenlicht: die neue Bochumer Synagoge am Erich-Mendel-Platz. Foto: Ingo Otto
In strahlendem Sonnenlicht: die neue Bochumer Synagoge am Erich-Mendel-Platz. Foto: Ingo Otto © WAZ
Architekt Thomas Riese entwarf die Bochumer Synagoge. Foto: © Ingo Otto
Architekt Thomas Riese entwarf die Bochumer Synagoge. Foto: © Ingo Otto © WAZ
Eine Innenansicht des jüdischen Gotteshauses. Foto: Ingo Otto
Eine Innenansicht des jüdischen Gotteshauses. Foto: Ingo Otto © WAZ
Jüdische Gemeindemitglieder bei der Einweihung der Bochumer Synagoge . Foto: Ingo Otto
Jüdische Gemeindemitglieder bei der Einweihung der Bochumer Synagoge . Foto: Ingo Otto © WAZ
Strahlendes Sonnenlicht in der Bochumer Synagoge. Foto: © Ingo Otto
Strahlendes Sonnenlicht in der Bochumer Synagoge. Foto: © Ingo Otto © WAZ
Außenansicht der neue Synagoge in Bochum. Foto: Horst Müller
Außenansicht der neue Synagoge in Bochum. Foto: Horst Müller © WAZ
Diese Thorarollen liegen in der Synagoge in Gelsenkirchen. Foto: Martin Möller
Diese Thorarollen liegen in der Synagoge in Gelsenkirchen. Foto: Martin Möller © WAZ
Historische Ansicht: Das Realgymnasium und die Synagoge in Witten. Repro: Walter Fischer
Historische Ansicht: Das Realgymnasium und die Synagoge in Witten. Repro: Walter Fischer © WAZ
Der Abriss der Dortmunder Synagoge im Jahre 1938.
Der Abriss der Dortmunder Synagoge im Jahre 1938. © stadtarchiv dortmund
Innensicht der neuen Synagoge der Jüdischen Gemeinde in Dortmund. Foto: Helmuth Vossgraff
Innensicht der neuen Synagoge der Jüdischen Gemeinde in Dortmund. Foto: Helmuth Vossgraff © WAZ
Oft erinnern nur Straßenschilder an ehemalige Synagogen. So wie hier in der Wittener Synagogenstraße, Ecke Breite Straße.
Oft erinnern nur Straßenschilder an ehemalige Synagogen. So wie hier in der Wittener Synagogenstraße, Ecke Breite Straße. © WAZ
Am Mülheimer Viktoriaplatz erinnert eine Gedenkwand an die zerströrte Synagoge. Foto: Yannik Willing
Am Mülheimer Viktoriaplatz erinnert eine Gedenkwand an die zerströrte Synagoge. Foto: Yannik Willing © WAZ
Ebenfalls am Viktoriaplatz: eine Gedenktafel. Foto: Yannik Willing
Ebenfalls am Viktoriaplatz: eine Gedenktafel. Foto: Yannik Willing © WAZ
Die neue jüdische Synagoge in Gelsenkirchen. Die Skulptur
Die neue jüdische Synagoge in Gelsenkirchen. Die Skulptur "Fünf-Flügler" ist vor dem Eingang zu sehen. Foto: Martin Möller © WAZ
Klare Linien bestimmen die Gelsenkirchener Synagoge. Foto: Martin Möller
Klare Linien bestimmen die Gelsenkirchener Synagoge. Foto: Martin Möller © WAZ
Die Synagoge in Gelsenkirchen. Foto: M. Möller
Die Synagoge in Gelsenkirchen. Foto: M. Möller © WAZ
Alles für die Sicherheit: Auch die Gelsenkirchener Synagoge wird videoüberwacht. Foto: Martin Möller
Alles für die Sicherheit: Auch die Gelsenkirchener Synagoge wird videoüberwacht. Foto: Martin Möller © WAZ
Der Neubau der jüdischen Synagoge in Gelsenkirchen. Bild: Martin Möller
Der Neubau der jüdischen Synagoge in Gelsenkirchen. Bild: Martin Möller © WAZ
Die Duisburger Synagoge und der Innenhafen. Foto. Hans Blossey
Die Duisburger Synagoge und der Innenhafen. Foto. Hans Blossey © Hans Blossey
Die Synagoge in Duisburg. Bild : Stephan Eickershoff
Die Synagoge in Duisburg. Bild : Stephan Eickershoff © WAZ
Das jüdische Gemeindezentrum Springwall am Innenhafen Duisburg. Das Gemeindezentrum mit Synagoge gehört der jüdischen Gemeinde Mülheim-Duisburg-Oberhausen. Foto: Andreas Mangen
Das jüdische Gemeindezentrum Springwall am Innenhafen Duisburg. Das Gemeindezentrum mit Synagoge gehört der jüdischen Gemeinde Mülheim-Duisburg-Oberhausen. Foto: Andreas Mangen © WAZ
Architekt des Baus war Zvi Hecker. Foto: Andreas Mangen
Architekt des Baus war Zvi Hecker. Foto: Andreas Mangen © WAZ
Die frühere Synagoge in Mülheim. Repro: Ilja Höpping
Die frühere Synagoge in Mülheim. Repro: Ilja Höpping © WAZ
Mahnende Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht in Oberhausen. Die Teilnehmer trafen sich am Platz der ehemaligen Synagoge. Foto: Gerd Wallhorn
Mahnende Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht in Oberhausen. Die Teilnehmer trafen sich am Platz der ehemaligen Synagoge. Foto: Gerd Wallhorn © WAZ
Recklinghausen. Die alte Synagoge an der Limperstraße/Westerholter Weg. Das Foto entstand etwa im Dezember 1938 und zeigt den Zustand nach Brand vom 9. November 1938. Repro: Jürgen Hein
Recklinghausen. Die alte Synagoge an der Limperstraße/Westerholter Weg. Das Foto entstand etwa im Dezember 1938 und zeigt den Zustand nach Brand vom 9. November 1938. Repro: Jürgen Hein © WAZ
Am Recklinghäuser Mahnmal am Herzogswall gedachten Verterter der Stadt und der Gemeinden den Opfern der Pogromnacht. Foto: Dirk Bauer
Am Recklinghäuser Mahnmal am Herzogswall gedachten Verterter der Stadt und der Gemeinden den Opfern der Pogromnacht. Foto: Dirk Bauer © WAZ
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Die Kinder kämen zum Religionsunterricht und würden das Gelernte ihren Eltern weiter geben. Sie berichtete ihren Gästen, dass sich die jüdische Gemeinde wie die evangelische und katholische Kirche über Kirchensteuer finanziere. Was wegen der vergleichsweise kleinen Mitgliederzahl keine großen Summen seien. Vor diesem Hintergrund sei das zerstörte Fenster ein großer Kostenfaktor. Vandalismus sei nicht durch die Versicherung abgedeckt. Die Gemeinde muss 6000 € für ein neues Fenster selber stemmen.