Gelsenkirchen. Während in und vor den Gaststätten an der Von-Oven-Straße schon vor dem Anpfiff ordentlich gesungen wurde, wurde es im Hans-Sachs-Haus trotz vollem Haus mit 600 „Schland“-Fans erst gegen Ende lauter. Ordentlich gefeiert wurde der Sieg freilich hüben und drüben.
Peter Fiedrich (50) hatte auf Klose gesetzt: 1:0 in der Verlängerung lautete sein Tipp. Dass es nun Mats Hummels war und schon in der zwölften Minute, ist ihm auch recht. Hauptsache Deutschland ist im Halbfinale. 1:0 haben im Flash Pub an der Von-Oven-Straße, in dem am Freitagabend an die 200 Fußballfans mit ihrem Team fiebern, viele getippt. Michael (55) auch. Er ist nicht das erste Mal hier beim Wirt Thomas Nikuta. „Das hat irgendwie Tradition, ich war ja schon damals im Flash, an der Wanner Straße.“ Gelsenkirchener halt.
Die Stimmung ist blendend, von Anfang an. Bei der Nationalhymne stehen alle auf und greifen sich ans Herz, Wirt, Kellner, Gäste: draußen wie drinnen. Naja, fast alle: ein Paar konzentriert sich stattdessen weiter auf ihre Currywürste. Kraft sammeln für das Spiel.
Textsicher, auch bei Helene Fischer
Drei Fernseher draußen, zwei drinnen, zudem Matscheiben in den Gaststätten rechts und links an der Von-Oven-Straße, am Straßenrand riskieren auch die Taxifahrer, die jetzt ohnehin nichts zu tun haben, mehr als ein Auge auf die Fernseher. Am Grill schwitzt Nicole Nikuta, die Kellner stemmen vor allem Bier, obwohl Longdrinks heute das gleiche kosten. Kurz vor dem Anpfiff feuert Helene Fischer aus den Riesenboxen das Team an: textsicher singen die Pub-Gäste mit.
Volker Gerlach, aus Essen mit einem Gelsenkirchener Kollegen angereist, um die Stimmung hier zu testen, fürchtet eine Niederlage. „Die Viererkette ist einfach zu langsam“. Er hat am Ende gern Unrecht. Zu tippen hat er sich ohnehin nicht getraut.
600 Fans im Hans-Sachs-Haus
Nach der ersten Halbzeit wechseln wir ins Hans-Sachs-Haus. Viele strömen gerade raus, zur Raucherpause. Drinnen fachsimpeln Klaus Fischer und Alexander von der Grün auf der Bühne bis zum Wiederanpfiff. An den langen Tischreihen sitzen Fans vom Grundschul- bis ins hohe Rentenalter in Nationaltrikots, mit Hütchen in allen Spielarten bis zum hin zum Schland-Wikinger.
Im Foyer verteilen sich die Fans an Stehtischen. 600 Menschen fiebern hier mit ihrem Team – der Geräuschpegel ist dafür erstaunlich niedrig, auch als das Spiel längst wieder läuft. Klaus und Ingo sind enttäuscht: „Etwas mehr Stimmung dürfte es schon sein. Die müssten mehr Musik machen, schon vorher ein bisschen einheizen.“
Die Mehrheit ist aber eher zufrieden, ist froh, dass die Stimmung friedlich ist. Und ab der 83. Minute steigt mit der Spannung auch hier der Geräuschpegel, Fähnchen werden gelüftet, es wird gerasselt, was das Zeug hält. Mit dem Abpfiff nach 94 Minuten fällt man sich in die Arme – tschüß, bis Dienstag dann!