Gelsenkirchen. Während des Fastenmonats Ramadan dürfen Muslime zwischen Sonnauf- und untergang weder Speisen noch Getränke zu sich nehmen. Für den 19-jährigen Schalke-Profi Kaan Ayhan ist der totale Verzicht aber keine Option. Doch eigentlich sind Sportler nicht als Fasten-Ausnahme vorgesehen.

Wenn die Schalker Profis ihre Saisonvorbereitung beginnen, heißt es für Kaan Ayhan Laufen, Schwitzen, Muskeln stählen. Ausgerechnet mit Beginn des Fastenmonats Ramadan. Während viele muslimische Fußballprofis kein Wort über ihren Umgang mit den Regeln des Koran verlieren, geht der Gelsenkirchener erfrischend offensiv damit um. Spitzenfußball und Fasten – das passt für Ayhan nicht zusammen.

Das Glas mit Wasser auf dem Tisch rührt Ayhan während des Gesprächs im Hauptquartier der Fastfood-Kette Mr.Chicken nicht an. Zu groß ist der Respekt vor Geschäftsführer Erhan Baz, der nicht nur eingeladen, sondern selbst seit 4 Uhr in der Früh keinen Tropfen getrunken und nichts gegessen hat. Ayhan: „Darauf achte ich immer, wenn jemand am Tisch sitzt, der fastet.“

Ein bekennender Muslim

Für den 19-Jährigen ist der totale Verzicht zwischen Sonnenaufgang und -untergang keine Option, obwohl er bekennender Muslim ist. „Wir stehen als Fußballprofis in der Verantwortung, auf unseren Körper zu achten“, erklärt Ayhan, „und dazu gehört nicht nur, dass wir ohne Übergewicht aus der Sommerpause wiederkommen“. Einen Tag mit zwei oder drei Trainingseinheiten kann er sich ohne Getränke nicht vorstellen. „Der Körper wird in der Vorbereitung sowieso geschwächt.“ Am Ende müsse aber jeder selbst entscheiden, ob er fastet oder nicht. „Wenn ein muslimischer Spieler ein Tor schießt, wird sich niemand darüber beschweren, dass er fastet.“ Wäre es denn denkbar, Bundesligafußball und Fasten zu vereinbaren? Kaan Ayhan: „Ich weiß nicht, wie ein Verein darauf reagieren würde. Aber wer meint, dass er mit Fasten voll im Dienst der Mannschaft stehen kann, warum nicht?“

Die Steilvorlage des Defensiv-Allrounders nimmt Erhan Baz an und klärt auf. Sportler sind, anders als Schwangere, Kranke, Kinder oder Ältere, nicht als Fasten-Ausnahme vorgesehen. „Aber wenn jemand dazu nicht in der Lage ist, dann spricht nichts dagegen, es zu lassen.“ Zumal unter dem Fasten kein Dritter leiden darf. „Wenn jemand deswegen nicht voll arbeiten kann, darf das nicht an den anderen hängen bleiben“, so Baz. Auch nicht an Mitspielern einer Profimannschaft.

Von den Eltern nie Druck verspürt

Von den Eltern habe Ayhan nie den Druck verspürt, fasten zu müssen. Auch habe er sich nie als schlechterer Muslim gefühlt, nur weil er nicht fastete. „In diese Richtung kam nie was.“ Im Gegenteil: Die beiden Kumpel, die Ayhan beim Gespräch begleiten, fasten. „Und wir kennen uns seit der fünften Klasse, ohne dass das je ein Problem war.“ Aber er gibt zu: „Ich glaube, man merkt mir an, dass es ein schwieriges Thema ist, bei dem die Meinungen geteilt sind.“ Auch in der eigenen Familie. „Die Älteren ziehen das eher durch.“ In seiner Jugendzeit auf Schalke, sein erster und einziger Verein, habe er das Fasten an trainingsfreien Tagen ausprobiert. „Aber nicht ganz geschafft.“

Am Montag blieb der Bismarcker eisern: Erst mit Sonnenuntergang um 21.58 Uhr brach er das Fasten. Mit einer Dattel als erstem Imbiss.