Gelsenkirchen. . Gelsensport bietet im Rahmen seines Programms „Ge bewegt seine Kinder“ ein spezielles Radfahr-Training für Kinder aus Internationalen Förderklassen an Grundschulen an. Dabei werden auch Brücken geschlagen zwischen den einzelnen Kulturen – und sprachliche Hürden überwunden.

Gelsenkirchen bewegt seine Kinder – und lässt dabei keins zurück. Unabhängig von der Herkunft. Wie das in der Praxis aussehen kann, dafür liefert die Internationale Förderklasse (IFÖ) der Glückaufschule in Ückendorf an diesem Sommermorgen ein Beispiel. Grundschüler aus Zuwandererfamilien sind es in erster Linie, die heute im Fokus stehen. „Michaela, super! Heute machst du das schon viel besser, als beim letzten Mal! Hey, Abel, nicht so schnell. Und die Hand ausstrecken. Stooopp!“ Der Angesprochene grinst verlegen, hält an. „So ist es sehr gut – und weiter. Der Nächste bitte !“

Günter Beiten vom Radsportverein 1902 und Reinhard Michels von der Verkehrswacht entgeht nichts. Wehe, da radelt ein Knirps einfach am Stopp-Schild vorbei oder streckt die Hand beim Rechtsabbiegen in die Einbahnstraße nicht raus. Mit Argusaugen verfolgen die beiden Männer jede Bewegung ihrer Schützlinge. Dritte im Bunde auf dem Schulhof ist Gelsendienste-Fachfrau Fee-Denise Sachse, Sport- und Gymnastiklehererin.

Die eingangs gelobte Michaela gehört zu den Großen in der insgesamt 15-köpfigen Radfahrlerngruppe. Die Vorbereitungen für das praktische Radeln haben sie bereits absolviert. Und dazu gehörte zunächst, Körpergefühl, Sicherheit und Gleichgewichtssinn aufzubauen. Zu diesem Zweck hat Günter Beiten in Ermangelung von Laufrädern zu einem simplen Trick gegriffen: „Ich habe denen einfach die Pedale abgebaut. Dann mussten die Kinder mit dem Rad laufen.“ Der Blick auf seine junge Radlerschar gibt ihm und den beiden anderen Trainern Recht. Es hat funktioniert. Und so ganz nebenbei haben die Kinder auch noch ihre Deutschkenntnisse erweitert.

Projekt soll auch in Schalke angeboten werden

Abel, Lorenzo und Eduard drängeln am Beginn der kleinen Piste auf dem Schulhof, die mit Kegeln und Verkehrsschildern ausgestattet sind. Man darf sie durchaus als begabte Radfahrer loben. Manchmal noch ein bisschen wild – dann bremst das Gespann Beiten/Michels die kleinen Rudi Altigs mit klaren Ansagen aus.

Mitten im Trainingsparcours zwei Anfängerinnen: Die kleine Nora und ihre ältere Schwester Marie sind noch sehr unsicher, brauchen die schützende Hand im Rücken und Mut machende Worte. Beiten kümmert sich, geht in aller Seelenruhe neben dem Kinderrad her, spricht mit den Mädchen. Als Marie es nach einer halben Stunde schafft, eine Runde ohne „Handstütze“ zu drehen, hebt Michaela den Daumen. „Super, Marie.“

Auch die beiden Frauen am Rand des Geschehens würdigen den Fortschritt. Dagmar Eckart, die das städtische Projekt „Kein Kind zurücklassen“ betreut, und Gelsensport-Projektmanagerin Tanja Eigenrauch schauen sich an, welche Fortschritte die kleine IFÖ-Gruppe macht. Und wie, ganz nebenbei bemerkt, Radfahren Brücken baut. Zwischen rumänischen, bulgarischen und türkischen Kindern. „Drei konnten am Anfang gar nicht fahren, die Anderen hatten schon ein erstaunlich gutes Gefühl“, erzählt Tanja Eigenrauch. Und blickt schon mal voraus: „Wir werden das Projekt auch in Schalke anbieten nach Absprache mit den drei Grundschulen.“

Kleine Verkehrsteilnehmer

Erneut flitzt der kleine Abel vorbei, dem die Sache sichtlich Spaß macht. Und wieder mahnt Günter Beiten: „Abel, nicht so wild – laaangsam!“ Der Junge versteht ihn. Ein Doppelerfolg. Auch für die Sicherheit. Denn bei den Übungen auf dem Schulhof soll es schließlich nicht bleiben. Die Kids aus der IFÖ-Klasse gehören zu den Verkehrsteilnehmern von morgen.

„Jedes Kind kann Radfahren lernen, wenn es die Möglichkeit erhält, es zu lernen.“ Sagen die Initiatoren von Gelsensport und dem Modellprojekt „Kein Kind zurücklassen“. Zielgruppe sind Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen nie oder nur unsicher gelernt haben, sicher zu radeln.

Das Radfahren fördert die Körperkoordination, die bei vielen Kindern zunehmend schwächer wird“, sagt Dagmar Eckart. „Daneben werden die Kinder mit dem Radfahren mobil und selbstständig und erleben weniger Ausgrenzung. Gemeinsame Radtouren müssen künftig nicht mehr wegen fehlendem Können abgesagt werden.“

Zu den Kooperationspartnern gehören neben Verkehrswacht und Radsportverein Gelsenkirchen 1902 noch der ADFC, der Radclub Buer-Westerholt, Jugendverkehrsschule, Jugendamt und Polizei.