Gelsenkirchen. Antonii Baryshevskyi spielte das dritte Preisträger-Konzert des Klavier-Festivals Ruhr in der Glashalle von Schloss Horst. Dem Motto „Die Besten der Besten“ entsprach der 25-jährige Pianist aus der Ukraine, der frisch gekürter Sieger des Artur Rubinstein Festivals ist, dabei voll und ganz.

Hell strahlt die Glashalle auf Schloss Horst am Sonntag, vor der eleganten Renaissancefassade verspricht der majestätische schwarze Steinway das dritte Preisträger-Konzert des Klavier-Festivals Ruhr. „Die Besten der Besten“ der Titel, zu Gast der 25-jährige Ukrainer Antonii Baryshevskyi, im Mai in Tel Aviv frisch gekürter Sieger des Artur Rubinstein Festivals. Die Prämissen stehen für einen anspruchsvollen Musikabend, was folgt ist eine virtuose Offenbarung.

Sie beginnt mit einem späten Joseph Haydn, Sonate Hob. XVI:52 in Es-Dur, das Werk an sich ein emotionales Meisterstück. „… ich bin wirklich wie ein lebendes Clavier“, hatte der Komponist einst einem Freund geschrieben, jetzt ist es Baryshevskyi, der mit dem Instrument verschmilzt. Die Wechselspiele des „allegro“ perfekt interpretiert, hier verspielt und keck, dort herrlich mysteriös. Schier nicht enden wollende Pausen im „adagio“, der Spannungsbogen bis auf Äußerste ausgereizt, aber nie gebrochen. Zum Finale rasant und fingerfertig im „presto“ – so hat schon das erste Werk die 220 Zuhörer in hypnotischen Bann geschlagen.

Baryshevskyi scheint die Musik als Ganzes aus dem Flügel emporzuheben

Fulminant startet ebenfalls Robert Schumanns Sonate Nr. 2 in g-moll mit „So rasch wie möglich“. Baryshevskyi scheint nicht einzelne Finger zu bewegen, sondern die Musik als Ganzes aus dem Flügel emporzuheben, anzuschieben hinein in den Raum. Nach schwerer Arbeit in den dunklen Oktaven kurz die wirren schwarzen Haare aus dem Gesicht gestrichen und mit beseeltem Blick hinein ins „andantino“. Baryshevskyi ist kein gefälliger Pianist, er ist kantig und intensiv. Die Tiefgründigkeit zeigt sich nach der Pause noch stärker in modernen Werken.

Die Teile 11. und 8. aus den „Vingtregardssurl´Enfant Jésus“vom Franzosen Olivier Messiaen (1908-1992) verlangen höchstes technisches Können und starkes Einfühlungsvermögen. Vorsichtig, fast zärtlich der Akkordanschlag, während die rechte Hand mit unglaublicher Schnelligkeit perlende Klänge auf den oberen Oktav-Lagen erzeugt, als wäre hier ein Glockenspiel am Werk. Die geheimnisvolle Aura wird von dramatischen Anschlägen mit viel Pedal unterbrochen. Geballte Energie - die Komposition und der Interpret gleichermaßen. „Promenade“, der Einstieg in Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“, klingt danach spielerisch leicht. Im 20-minütigen Klavierzyklus von 1874 schöpft Baryshevskyi noch einmal aus dem Vollen, malt mit des Meisters Klängen die zehn Szenen in den Saal.

Es endet mit der Hommage an seine Heimatstadt, „Das große Tor von Kiew“, schwer und mächtig wie die slawische Seele. Dem atemlosen Publikum bleibt nur das Staunen, das in einen lang anhaltenden Applaus mündet. Es ist ein Staunen, ob der Genialität des Menschen im Allgemeinen, und der des Antonii Baryshevskyi im Besonderen.