Gelsenkirchen. . Eine Gelsenkirchenerin klagt über starke Schmerzen, ihre Gelenke schwellen an. Ihr Hausarzt diagnostiziert Rheuma. Sie fragt in einer Rheumatologie-Praxis nach einem Termin – den nächsten gibt es erst im September.
Eine Gelsenkirchenerin (58) wurde von heute auf morgen von starken Schmerzen geplagt, Gelenke schwollen an. Ihr Hausarzt untersuchte sie und diagnostizierte Rheuma. Also wollte die 58-Jährige zu einem Rheumatologen. Aber das ist gar nicht so einfach in Gelsenkirchen – es gibt nur eine Facharztpraxis und die ist in Buer.
Dort erhielt sie vor fünf Wochen einen Termin – für September. Man tröstete sie zwar mit dem Hinweis, dass, wenn ein Patient abspringe, man sich melden werde, „aber das haben wahrscheinlich auch die Patienten, die vor mir einen Termin bekommen haben, schon gehört“, vermutet sie. Die Gelsenkirchenerin ist Kassenpatientin – und muss nun, trotz starker Schmerzen, warten.
Patientenanspruch wächst
Ähnlich schwierig ist die Lage bei den Kardiologen. Davon gibt es zwei in Gelsenkirchen und die Wartezeiten sind ähnlich lang.
„Das ist in Gelsenkirchen nicht anders als in anderen Städten auch. Das ist ein bundesweites Problem und nicht neu, aber durch den Wegfall der Praxisgebühr akzentuierter geworden“, erläutert Dr. Werner Kirchberg, Allgemeinmediziner und zugleich Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bezirksstelle Gelsenkirchen. Das ist allerdings nur die eine Seite der Medaille.
Der Mangel an Kapazitäten sei jedoch nicht allein damit zu erklären, dass es zu wenige Zulassungen der KV gebe, so Kirchberg. „Der Anspruch der Patienten ist gewachsen, ebenso wie das Leistungsspektrum.“ 18 Mal im Jahr suche ein Durchschnittsbundesbürger einen Arzt auf – „da sind wir Spitzenreiter in der Welt.“
Das liege natürlich auch an der Ärztedichte in Deutschland, ist der Mediziner überzeugt. Manche Patienten holten sich zu Beginn des Quartals routinemäßig einen Überweisungsschein, „aber eine routinemäßige Inanspruchnahme der Fachärzte ist so nicht gedacht.“
Hohe Vernetzung der Ärzte
Gelsenkirchen steht mit der Ärzteversorgung gut da. Die Ärzteabdeckung liegt im Schnitt zwischen 115 und 185 Prozent – und das gilt für alle Fachgruppen. Die Patienten, so der Gelsenkirchener Allgemeinmediziner, müssten ihren Anspruch vor diesem Hintergrund hinterfragen: „Natürlich wird jeder, der akute Schmerzen bekommt, sofort behandelt“, stellt Kirchberg klar. „Aber Rheuma kündigt sich nicht von heute auf morgen an.“
Kirchberg empfiehlt den Patienten, die lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen und über Schmerzen klagen, nochmals mit ihrem Hausarzt zu sprechen, damit dieser einen Termin mit dem zuständigen Facharzt ausmacht. „Gerade in Gelsenkirchen ist die Vernetzung der Ärzte ungewöhnlich hoch“, so Dr. Kirchberg.
Ihr Hausarzt hat der 58-Jährigen starke Medikamente gegen die Schmerzen verschrieben. Nur mit den Tabletten ist es ihr möglich, sich überhaupt zu bewegen und zur Arbeit zu gehen.