Gelsenkirchen. . Verwaltungstechnischer Aufwand – gut 100 Stunden im Monat – war vielen ein Dorn im Auge. Die WAZ hat bei dem Gelsenkirchener Orthopäden Mirco Kuhn nachgefragt

„Gut so!“ „Na endlich!“ Die Meinung der Patienten, die in den Wartezimmern von Arztpraxen sitzen, ist einhellig. Es findet sich niemand, der sich beklagt, dass künftig beim Arztbesuch keine 10 Euro pro Quartal mehr abgedrückt werden müssen. Auch Ärzte sind erleichtert. „Ich begrüße die Abschaffung der Praxisgebühr“, sagt etwa der Orthopäde Mirco Kuhn von der Gemeinschaftspraxis Adler/Kuhn.

Für ihn war diese Regelung mehr Ärgernis als nützliches Instrument, um Patientenströme zu regulieren. „Ich hielt die Gebühr ohnehin für moralisch zweifelhaft, denn für viele Leute sind zehn Euro viel Geld.“ Ein Hausarzt zum Beispiel sei mit seiner Lotsenfunktion viel besser geeignet, das Patientenaufkommen zu lenken. Zudem sei es ja auch ein Unding gewesen, dass Ärzte über die Gebühr als Geldeintreiber für die Krankenkassen eingesetzt worden seien und einen immensen Verwaltungsaufwand betreiben mussten.

Hoher Zeitaufwand für Büroarbeiten

Donata Smolarek und Lisa Waschewski, Medizinische Fachangestellte bei Adler/Kuhn, sind froh, dass die Gebühr Geschichte ist: „Zwei Stunden, je nachdem zu welchem Zeitpunkt im Quartal, haben wir uns täglich mit Verwaltungsarbeiten befasst“. Das sind im Monat gut 100 Stunden. Der tägliche Gang zum Bankschalter ist nun ebenso passé wie die Probleme, die häufig in Vertretungszeiten zu bewältigen waren. „Oft hatten Patienten den Nachweis nicht dabei, dass sie bei einem Arzt schon bezahlt hatten. Dann mussten 10€ verlangt und hinterlegt werden, bis der Nachweis da war.“

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„Eine super Sache“, sei das Aus der Praxisabgabe, findet Patientin Renate Ratz. „Es werden ohnehin schon so viele Zuzahlungen erhoben“, sagt die Gelsenkirchenerin. Für Therapien und Rezepte wie etwa Kranken- gymnastik oder Akupunktur. „Chronisch Kranke wurden so doppelt zur Kasse gebeten.“

Bürger sind nicht weniger zum Arzt gegangen

Ähnlich sieht das auch Dr. Heiko Schmitz, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: „Die Bürger sind durch die Gebühr nicht weniger zum Arzt gegangen. Zudem war jeder Zweite von der Gebühr befreit.“ Profitiert haben Bund, Länder und Kommunen, denn deren Beihilfestellen (für Beamte) haben 40 Euro im Jahr einbehalten. Beamte bekamen bislang 10 Euro quartalsweise (Eigenbehalt) abgezogen für Krankenpflege und Geburten.

Aber: Die Kosten im Gesundheitswesen steigen stetig an, allein schon weil es mehr Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten gibt als je zuvor. Bedeutet: „Mit Beitragserhöhungen oder Einzelabgaben ist künftig wieder zu rechnen“, sagt Orthopäde Mirco Kuhn. Schließlich plane der Bund, die Zuschüsse für den Gesundheitsfonds zu kürzen.