Gelsenkirchen. Die Doppelbogenbrücke im Gelsenkirchener Nordsternpark hat einen neuen Schutzanstrich. Knapp ein Jahr haben die Arbeiten gedauert. Kostenpunkt: 1,6 Mio. Euro. Nun wird das Finale eingeläutet: Das Gerüst wird nächste Woche abgebaut, in rund sechs Wochen werden auch die Grund-Träger demontiert.
An Kanalkilometer 21,605 steht die „Fuß- und Radwegebrücke Nr. 339b“. Die amtliche Bezeichnung gilt für ein spektakuläres Bauwerk: die Doppelbogenbrücke im Nordsternpark, den kühnen Entwurf von Prof. Stefan Polonyi für die Bundesgartenschau 1997. Der amtliche Name steht aber auch für eine Großbaustelle. Die Schöne, 1995 errichtet, hatte bekanntlich arg Rost angesetzt. Weit vor der Zeit. Und so bekam sie einen neuen Anstrich verpasst. Der Farbton: RAL 3000, ein sattes, leuchtendes Rot.
Voriges Jahr im Juni begannen die Arbeiten, jetzt stehen sie kurz vor dem Abschluss. Nächste Woche soll das Gerüst vom zweiten Bogen abgebaut werden. Bei einer Gesamtlänge von 110 Metern und einer Bogenspannweite von 79 Metern wurde hier buchstäblich für 1,6 Mio. Euro Gesamtvolumen ein Groß-Auftrag abgearbeitet, zudem unter erschwerten Bedingungen. Denn unter der Baustelle läuft der Frachtschiffverkehr. Die Lebensader Rhein-Herne-Kanal länger zu sperren war tabu, außergewöhnliche Lösungen dafür gefragt.
Außergewöhnliche Lösungen gefunden
„2011 haben wir angefangen, uns Gedanken über die Erneuerung des Korrosionsschutzes zu machen“, sagt Andreas Knolle. Rund 200 Bauwerke in der Stadt betreut der Teamleiter Ingenieurbau im Referat Verkehr. Die Doppelbogenbrücke ist zweifelsohne das herausragendste. Verschiedene Sanierungsvarianten wurden erörtert. Am Ende stand eine Funktionsausschreibung – „die Bewerberfirmen mussten tragfähige Konzepte vorlegen“.
„Das ist ein Prototyp. Wir haben hier eine spezielle Lösung für eine spezielle Aufgabe gefunden“, sagt Heiko Tomshöfer, Prokurist der Firma Weise. Die Experten für Traggerüstbau haben die Arbeitsplattform für den neuen Korrosionsschutz geschaffen. Die Basis: Zwei gigantische Vorschubträger, die 63 Meter breit über den Kanal gelegt wurden. Sie halten das Gerüst. Mit einem Schwimmkran wurden sie 2013 für den ersten Bauabschnitt eingeschwenkt. Im Winter wurden sie hydraulisch verschoben, um das Gerüst für den zweiten Bogen aufzunehmen. Maximale Arbeitshöhe: 50 Meter über dem Wasser.
Eine filigrane und dennoch stabile Konstruktion
280 Vertikalstiele wurden dafür gesetzt,eine filigrane und dennoch stabile Konstruktion, die auch optisch Akzente setzt. Der Arbeitsbereich um die Bögen ist eingehaust. Weiße Planen halten Wind und Wetter ab – und wirken aus der Ferne wie eine kunstvolle Verpackung. Christo lässt grüßen. Ganz nah dran und gleichzeitig obenauf waren dort über die letzten Monate die Männer, die hauptsächlich rot-weiß sahen.
1,15 Meter Durchmesser haben die tragenden Stahlrohre der Hängebrücke. Sie wurden gestrahlt und so entrostet, auch die alte Farbschicht auf den Zugstangen wurde entfernt. Die Beschichtung, die für die nächsten 25 Jahre Schutz bieten soll, ist 0,3 Millimeter dick. Aufgebracht im Spritzverfahren wurden vier Schichten Farbe, basierend auf einer Spezialgrundierung mit Zinkstaub und mit Klarlack-Überzug als Finish. Hier gilt: Viel hilft nicht viel. „Wird zu dick aufgetragen, besteht die Gefahr von Zinkbruch“, sagt David Raczinski.
Restarbeiten am Geländer und an den Brückenübergängen
Der Ingenieur ist Projektleiter für die Firma Massenberg, die den Korrosionsschutz ausführte. Vier bis fünf Mitarbeiter waren täglich auf der Baustelle hoch über dem Kanal. Wobei: „Die Höhe“, so Raczinski, „spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Leute arbeiten ja direkt am Bogen“ – und die Weitsicht verwehren Planen. Farb-Restarbeiten am Geländer und an den Brückenübergängen stehen noch an, ehe Heiko Tomshöfer mit der Firma Weise zum letzten Kraftakt anrückt. In rund sechs Wochen werden die Träger demontiert, wenn das Wasser- und Schifffahrtsamt die nötige Genehmigung erteilt hat. Zum Einsatz kommen diesmal: Ein Schwimmponton und ein Autokran.