Gelsenkirchen. . Brieftaubensport war einmal das Wahrzeichen des Ruhrgebietes. Heute gibt es nur noch wenige Züchter. Dabei ist der Sport deutlich moderner geworden. Die Brieftauben Reisevereinigung Gelsenkirchen ist bereits 120 Jahre alt – und dieaktiven Mitglieder setzen weiter auf die Zukunft ihres Hobbys.

Was früher mal ein Stück Ruhrgebietskultur war, droht auszusterben. Der Brieftaubensport wird in Gelsenkirchen nur noch von wenigen, vornehmlich älteren Männern, betrieben. Der Nachwuchs fehlt, wie in anderen Vereinen auch hier so oft. Doch daran möchten die Brieftauben Reisevereinigung Gelsenkirchen etwas ändern und das verstaubte Image aufpolieren.

Peter Stollfuss ist Brieftaubenzüchter in der dritten Generation. Viel hat er von seinen Vorfahren gelernt – und viel musste er sich selbst beibringen, denn mit dem Taubensport von damals hat sein Hobby nicht mehr viel gemeinsam: „Früher wurde noch mit Gummiringen und Holzkisten die Flugzeit gemessen. Heute ist auch bei uns alles digital. Doch die Faszination ist geblieben.“ Und diese Faszination ist es, was Stollfuss antreibt.

Orientierung bleibt rätselhaft

Wie finden die Tauben den Weg immer punktgenau zurück? „Das weiß niemand so genau. Der Moment, wenn die Tauben zurück kommen und in den Schlag fliegen, ist unbeschreiblich. Darauf haben wir hingearbeitet“, so Stollfuss. Und trotzdem ist der Brieftaubensport nicht mehr so begehrt, wie er es früher einmal war.

Daten und Fakten:

Die Reisevereinigung Gelsenkirchen mit Sitz am Revierpark Nienhausen feiert in diesem Jahr 120-jähriges Bestehen. Insgesamt hat der Verein 69 Schläge, 150 Mitglieder und etwa 1800 Tauben.

Jeden Samstagnachmittag können Gäste beim Vorbereiten der Tauben auf die Flüge auf dem Vereinsgelände am Hördeweg 142 vorbeikommen und sich Tipps und Informationen von den Züchtern holen.

Einen Grund sieht Stollfuss in den Alternativen im medialen Zeitalter. Ein weiterer Grund sind für ihn die Negativschlagzeilen der 1990er Jahre, als den Taubenzüchtern Tierquälerei vorgeworfen wurde. „Kein Züchter würde seinen Tieren etwas antun. Warum auch? Jeder züchtet nur so viele Tauben, wie er braucht“, erklärt der Vorsitzende des Vereins aus Erfahrung. Ein zweites Argument, warum die Züchterzahlen zurückgehen sei auch, dass das große Geld mit Preisflügen schon lange nicht mehr zu machen ist. Im Gegenteil: jeder Züchter investiert mehr.

Den Stamm bilden etwa 20 Tauben

„Wer neu mit dem Tiersport anfängt, muss sich mindestens 20 Tauben anschaffen, um einen guten Stamm zu haben. Hinzu kommen die Kosten für einen Taubenschlag, der früher in jedem Haus im Dachboden auf dem Grundstück zu finden war. Heute muss er meist neu angelegt werden. Tausend Euro muss man dafür schon hinlegen.“

Doch wenn es einmal mit den Tauben läuft, ist die Euphorie groß. Für jeden Preisflug wird ein Startgeld erhoben. Es fliegen Alt- und Jungtiere, wobei Jungtiere Stück für Stück an längere Strecken herangeführt werden. „Mal kommt eine Taube auch nicht nach Hause, das tut dann weh. Aber grundsätzlich finden sie alle den Weg“, beschreibt Peter Stollfuss das Szenario, wenn der Himmel sich mit den Vögeln mehrt. Mit elektronischen Fußringen wird die Zeit gestoppt. Die Taube, die in der kürzesten Zeit den Weg geflogen ist, gewinnt.