Gelsenkirchen. . Die Mitarbeiter des Instituts für Stadtgeschichte in Gelsenkirchen streichen den geplanten, dritten Magazinraum selbst, um die Kosten zu senken. Das Material stellt die Stadt

Selbst ist der Mann – im Wissenschaftspark sind sie es derer gleich sieben. Eimer haben sie dabei, Abtropfgitter, Farbroller sowie Haar- und Borstenpinsel, um den 300m2 umfassenden Kellerraum weiß zu streichen. Das Stadtarchiv, das Gedächtnis Gelsenkirchens, soll – beziehungsweise muss – wachsen. Etwa um allein die 45 000 Personalakten städtischer Bediensteter bewahren zu können oder das längst vergangene Stadtbild in Form von Fotografien und Bauplänen.

Erweiterung kostet 180 000 Euro

Der Chef selbst, Prof. Dr. Stefan Goch, packt mit an, Farbspritzer im Gesicht, auf Poloshirt und Jeans zeugen vom flüssigen Einsatz. Sechs Kollegen sind mit von der Partie, freiwillig – oben im Stadtarchiv halten derweil Kolleginnen die Stellung, denn „geschlossen wird die städtische Einrichtung für so eine Aktion“ – an einem Tag soll es fertig sein – natürlich nicht.

3000€ Handwerkerlohn spart man so. Nicht viel auf den ersten Blick, aber weil für den Ausbau des dritten Magazinraums nur 180 000 knapp kalkulierte Euro zu Verfügung stehen, ist der Verwaltung die Sparinitiative mehr als willkommen. Schwerlastfähige Rollregale sowie weitere Archivierungssysteme, eine starke Lüfteranlage – die Dokumente lagern bei 12 bis 16°C und nicht mehr als 60% Luftfeuchtigkeit – und nicht zu vergessen der Brandschutz, sind schon teuer genug. Das ist jeder noch so kleine finanzielle Spielraum wichtig.

"Der Aufwand lohnt sich"

Lohnt sich der Aufwand, hat das Archiv so viel zu tun? Gochs Antwort: „Eindeutig ja. Eine alternde Gesellschaft braucht immer mehr Geschichte.“ Allein auf das Personenstandsregister (Einträge: Geburt, Heirat, Tod) wird jährlich mehrere hundert Mal zurückgegriffen, über 1000 Erbermittler fahnden dazu nach Empfängern und auch das (Verkehrs-)Chaos „rund um den Essener Hauptbahnhof wegen längst vergessener Bergbauschächte und Kanäle zeigt“, so Goch weiter, „wie wichtig es ist, Geschichte greifbar zu machen.“

Das gilt insbesondere für viele Bürger im Ruhestand. „Viele arbeiten im Alter ihre eigene Vergangenheit auf“, sagt Goch. Suchen nach Spuren ihres Geburtshauses, ihres Viertels, ihrer Schule, ihrem ersten Arbeitsplatz. Vom immensen Fundus der Stadt mit seinen abertausenden Fotos, (Bau-)Plänen und mehr profitiert aber nicht nur das Stadtarchiv. Auch die Suchenden bringen oftmals Licht ins Dunkel – durch private Dokumente und Fotografien. So wird das Bild immer detaillierter, dass die Geschichtskundler zeichnen können.

Das Puzzle selbst, es endet nie.

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