Gelsenkirchen. Seit einer Herzoperation im Jahr 2012 trägt der Gelsenkirchener Arzt Dr. Peter Pflaumbaum sein Herz auf dem Rücken. Sein eigenes Herz war schwer geschädigt und musste entfernt werden. Nun lebt der 65-Jährige mit einem Kunstherzen und wartet auf ein Spenderorgan.

Als Dr. Peter Pflaumbaum 2012 nach der Herzoperation aus der Narkose erwachte, hatte er nur einen Wunsch. Das Personal sollte die dröhnende Rappelkiste abstellen, deren blubberndes Stakkato ihm den Nerv raubte. Der 65-jährige Allgemeinmediziner konnte nicht ahnen, dass in dem kleinen Kasten sein maschinelles Herz steckte. Sein eigenes Herz, nach einem Herzinfarkt irreparabel geschädigt, besaß er nicht mehr. Die Geräusche, die er damals nicht mehr hören wollte, sichern ihm heute das Überleben.

Bei der Krankengymnastik ist es passiert. So sonderbar sei ihm geworden. Man verständigte seine heutige Frau, ebenfalls Medizinerin. Als die eintraf, war der 65-Jährige schon nicht mehr bei Bewusstsein. Sie konnte ihren Partner wiederbeleben. Wie sich später herausstellte, waren mehrere Arterien verschlossen, zwei Drittel des Herzmuskels zerstört. Das überlebt man nicht, prophezeite ein Kardiologe. Mit Unterstützung einer Herz-Lungen-Maschine stabilisierte sich der Zustand, 24 Stunden später erfolgte bereits die Operation. Sechs Stunden dauerte es, in denen das Herz entfernt, vier künstliche Herzklappen aus Titan an die Gefäße angeschlossen wurden. Durch die Druckluft, die die Maschine erzeugt, werden die Herzklappen bewegt und das Blut in die Gefäße gedrückt.

Der Patient hat seinen Lebensmut nicht verloren

Ehefrau Dr. Christa Heidrich hatte sich noch einen Tag vor dem Vorfall einen Vortrag eines Professors über den Einsatz eines Kunstherzens angehört. Jetzt wurde aus der Theorie praktische Anwendung. Peter Pflaumbaum vermutet, dass die Medikamente, die er einnehmen musste, seinen Körper ruiniert haben, die Gefäße verengten. Er hat nie geraucht, Volleyball und Fußball gespielt, erhöhte Blutdruckwerte waren ihm fremd. Achtmal musste er nach zehn Bandscheibenvorfällen operiert werden. Schließlich gab er nach vielen Krankheiten, bei denen Kollegen ihn vertreten mussten, seine Praxis in der Feldmark nach 17 Jahren auf.

Doch auch die Umstellung von einem beweglichen, mit viel Sport ausgefüllten Leben zu einem Tagesablauf mit extremer Abhängigkeit hat ihm den Lebensmut nicht genommen. Er spielt heute gemeinsam mit seiner Frau, die ihn ständig betreut, Hallenboccia und Boule, hat es schon zu Meisterschaften gebracht. Die Energie-Abhängigkeit seines Kunstherzens hat ihm zu Hause schon einige Schrecksekunden bereitet. In der Wohnung hatte das Notsignal mit dröhnendem Sirenenton einen Defekt gemeldet. Der Stecker an seinem maschinellen Ersatzherz war lose, die lebenserforderliche Pumpe unterbrochen. Ein Akku ersetzte den Stromausfall. Vier Ersatzakkus und Zweitmaschine gehören mit zur Ausrüstung, wenn er gemeinsam mit seiner Frau unterwegs ist. Alle vier Monate erhält er eine Austauschmaschine. Schließlich wird vom Ersatzherz eine Dauerleistung verlangt, es muss wie ein echtes funktionieren und rund um die Uhr pumpen.

900 Kranke warten auf ein Spenderherz

Drei Monate hatte Peter Pflaumbaum in der Uniklinik bereits stationär auf ein Spenderherz gewartet. Operiert wurde schließlich nicht. Der 65-Jährige hofft, dass die Spendenbereitschaft zunimmt. 900 Kranke warten auf ein Spenderherz.

300 Organe wurden im Vorjahr gespendet. Ein Herz verpflanzt werden kann in NRW in den Kliniken Aachen und Bad Oeynhausen. In Duisburg verfügt das Herzzentrum zwar über die Kompetenz, hat aber keine Zulassung.

Sieben Kilo leichtes Kunstherz

Der Mediziner weiß den Einsatz seiner Frau zu schätzen, mit der er seit 33 Jahren zusammen lebt und die ihn nach dem Vorfall im vergangenen Jahr geheiratet hat. „Willst du dir das antun“, hatte er seine Frau gefragt. Die wollte, verlegte extra ihre Praxis von Rotthausen in die Feldmark, um beim Ernstfall schneller in seiner Nähe zu sein. Der sehnlichste Wunsch der Eheleute: Ein Spenderherz. Doch Organspender sind dünn gesät. Die Warteliste ist lang. Kranke, die noch schlimmer dran sind als Peter Pflaumbaum, stehen auf der Liste vor ihm.

So wird der 65-Jährige weiter hoffen und mit seinem Maschinen-Herz ganz auf eine funktionierende Technik bauen. Dass er beim Spaziergang nur sieben Kilo zu schleppen hat, ist ein Verdienst der Apparatetüftler. Noch vor Jahren erreichten die Leben spendenden Maschinen die Größe einer Kühltruhe. Heute kann er sein Herz mit der Größe eines Kassettenrekorders wie einen Rucksack auf seinem Rücken tragen.