Gelsenkirchen. . In Gelsenkirchen verfallen immer mehr junge Menschen der virtuellen Welt. Ab wann es sich um eine tatsächliche Internetsucht handelt, ist nicht immer leicht zu beurteilen. Katharina Küsgen, Leiterin der Drogenberatung Kontaktcentrum, rechnet damit, dass es mehr Facebook-Beratungen geben wird.

Das Jahr ist noch jung, aber bei der Drogenberatung Kontaktcentrum sind seit dem 1. Januar bereits vier Personen mit einem gestörten Verhältnis zu digitalen Medien aufgeschlagen. Sind sie süchtig? „Es ist schwierig, dass immer gleich zu klassifizieren“, sagt Katharina Küsgen, stellvertretende Leiterin und Prophylaxe-Fachkraft der Einrichtung an der Liboriusstraße.

Ist es tatsächlich Abhängigkeit oder ein vergleichsweise harmloser problematischer Umgang mit den neuen Medien? Das sei oftmals nicht leicht zu unterscheiden. Im letzten Jahr, als man mit der Medien-Beratung angefangen hat, haben nur zwei Menschen solche Beratungsangebote angefragt.

Anlaufstelle bekannter geworden

Das Kontaktcentrum sei mit der Zeit als Anlaufstelle bekannter geworden, „die Menschen werden sensibler für Onlinespiele“. Facebook- oder Online-Porno-Sucht spielen (noch) keine Rolle beim Klientel der Einrichtung. Das Alter der Betroffenen reiche vom Jugendlichen bis hin zum Erwachsenen zwischen 30 und 40 Jahren. Auch PC- und Konsolen-Spieler, die offline spielen, zählt das Kontaktcentrum zu dieser Gruppe.

„Meistens sind unsere Kunden extern zur Beratung motiviert worden“, so Küsgen. Und damit meint sie nicht nur Eltern. Auch das Jobcenter könne jemanden zur Beratung schicken. Auch wenn die Prophylaxe-Fachkraft betont, dass es sich keinesfalls immer um die „üblichen Verdächtigen“ handelt: Der hoffnungslose „Hardcore-Fall“, von dem sie berichtet, entspricht allen gängigen Klischees: „sehr einsam, zurückgezogen, keine sozialen Kontakte. Er spielt alles, auch World of Warcraft und Egoshooter“. Der Arbeitslose Ende 30 sei „von anderer Stelle vermittelt“ worden, vermutlich also vom Jobcenter. Er sei zu einigen Sitzungen erschienen, habe sich dann aber entzogen. „Den Weg bestimmen unsere Kunden“, so Küsgen.

Warum ist die virtuelle Welt so reizvoll?

In den Beratungsgesprächen – oft reiche eine Sitzung aus, um zu erkennen, dass das vermeintliche Problem gar nicht so gravierend ist – kommen Karteikarten, Flipcharts oder Pro & Kontra-Listen zum Einsatz. Warum ist die virtuelle Welt so reizvoll? Was habe ich dort, was ich im echten Leben nicht habe? – Solche Fragen sind Bestandteil der Gespräche.

Bezüglich Facebook rechnet Küsgen bald mit mehr Beratungen. Regelmäßig kämen Schulklassen zu Präventionsveranstaltungen in ihre Einrichtung. Küsgens Einschätzung: „Es könnten alle eine gute Beratung gebrauchen. Denn alle fünf Minuten geht der Blick aufs Smartphone.“

Junge Frauen interessieren sich für Facebook

Etwa ein Prozent der 14- bis 64-Jährigen in Deutschland gelten nach einer Studie von 2011 der Universitäten Lübeck und Greifswald als internetabhängig, das entspricht etwa 560.000 Menschen. Die größte Gruppe der Abhängigen ist dem Sektor Online-Spiele zuzuordnen. Vor allem junge Männer sind betroffen. Mit einigem Abstand folgt auf Platz zwei die Sucht nach Cybersex. Hier ist es die Gruppe der Männer mittleren Alters. Erst danach folgt die Gruppe, die von sozialen Netzwerken wie Facebook nicht mehr loskommen. In dieser Gruppe dominieren junge Frauen, die oftmals noch eine weitere Sucht teilen, nämlich das Online-Shopping.

Diese Reihenfolge entspricht auch den Erfahrungen und Beobachtungen in Gelsenkirchen. Hier befassen sich die entsprechenden Beratungsstellen fast ausschließlich mit der Sucht nach Online-, bzw. Computerspielen. „Facebook ist aber zunehmend ein Thema in Präventionsgesprächen“, sagt Katharina Küsgen, stellvertretende Leiterin und Prophylaxe-Fachkraft der Drogenberatung Kontaktcentrum. Auch Lehrer würden dieses Thema öfter anfragen, das eng verbunden ist mit ständiger Erreichbarkeit.

Die Drogenberatung Kontaktcentrum ist telefonisch unter 0209/ 517830 oder online (www.drogenberatung-kc.de) zu erreichen.