Gelsenkirchen. .
Zuerst war sie die „Stadt der tausend Feuer“, dann die „Solarstadt Gelsenkirchen“ und jetzt geht der Trend zum Werbeslogan „Gelsenkirchen — Stadt der Zukunftsenergien“ – langsam aber sicher verschwinden die Sonnenstrahlen aus der öffentlichen Darstellung der Stadt.
Die Neuregelungen des „Erneuerbare Energien Gesetzes“ (EEG) sind daran nicht ganz unschuldig – allerdings schon seit den 2012 von der schwarz-gelben Bundesregierung eingeführten Veränderungen, nicht erst seit den jüngsten Plänen von Energieminister Sigmar Gabriel für ein EEG 2.0, die weitere Kürzungen der Zuschüsse für Solarstrom vorsehen.
Heute sind es nur noch 12 Cent pro Kilowattstunde
Wo man früher von grünen Wiesen und Dächern voller Solarmodule träumte, ist Ernüchterung eingekehrt. „Die Drosselung der Vergütung für Solarstromeinspeisung in das öffentliche Netz macht die ganze Sache als Geschäftsmodell einfach unattraktiv“, erzählt etwa der Gelsenkirchener Journalist Tom Jost, der sich auf Energiethemen spezialisiert hat. Vor fast zehn Jahren hat sich Jost selbst eine Solaranlage aufs Dach setzen lassen. „Damals bekam man noch 51,7 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde. Heute sind es nur noch 12 Cent. Und das soll noch weiter abgesenkt werden“, sagt er. Dennoch lohne sich eine solche Solaranlage für den privaten Gebrauch: „Wenn man bedenkt, dass der Strompreis stetig steigt, dann kann man mit einer Eigenversorgung auf diesem Feld viel sparen.“
Auch Armin Hardes, der Klimaschutz- und Solarbeauftragte der Stadt, erklärt: „Inzwischen lohnt sich die Investition in eine Solaranlage vor allem, wenn man sie für den Eigenbedarf nutzt. Wahrscheinlich werden die Solaranlagen auf den Privatdächern deshalb in Zukunft jedoch etwas kleiner ausfallen als bislang, weil sie eben eher darauf ausgerichtet werden, den Eigenverbrauch zu decken.“ Beraten und Ermuntern will man Solar-Interessierte seitens der Stadt künftig weiter.
Neue Wege der Energieerzeugung
Was sich jedoch bald schon nicht mehr rentieren wird, sind Neuinstallationen jener Solaranlagen, wie die 2013 von Jost mitgegründete Genossenschaft EnergieBuerGEr sie auf dem Eduard-Spranger-Berufskolleg in Buer betreibt. „Wir speisen mit dieser Anlage Strom in das öffentliche Netz ein. Diesem Geschäftsmodell wird jedoch mit der neuen EEG-Regelung, wenn sie denn wie vorgeschlagen kommt, ein Riegel vorgeschoben. Deshalb wird der Trend in Zukunft immer mehr zur Direktvermarktung gehen. Wir könnten uns als Genossenschaft beispielsweise vorstellen, die Dächer von Unternehmen in der Stadt anzumieten, darauf Solarmodule zu platzieren und den so erzeugten Strom direkt an die Unternehmen zu verkaufen“, erklärt Tom Jost.
Umweltschutz durch die Verwendung erneuerbarer Energien – auf diesem Gebiet hat Gelsenkirchen noch sehr viel Potenzial, das geborgen werden will. „Ich finde auch den Einsatz von Windkraftanlagen auf alten Halden, für die die RAG derzeit Areale anbietet, reizvoll. Dort ist auch noch viel Raum für bürgerschaftliches Engagement“, sagt Energieexperte Tom Jost.
Auf andere Formen erneuerbarer Energie setzt auch der 2004 gegründete „Förderverein Solarstadt Gelsenkirchen“, der sich nach dem Zusammenschluss mit Herten umbenennen wird in „Klimabündnis Gelsenkirchen-Herten e.V.“ und verstärkt auf eine Kombination von Umweltthemen setzen will. „Wir hatten uns damals gemeinsam mit der Stadt Herten als ‘Innovation City’ beworben. Als dieser Titel an Bottrop ging, wollten wir die vielen guten Ideen, die wir gemeinsam entwickelt hatten, nicht einfach in die Schublade stecken“, erklärt Andreas Dietrich.
Dietrich ist der Projektmanager für Zukunftsenergien bei dem Förderverein, der derzeit noch „Solarstadt Gelsenkirchen“ heißt. Aber nicht mehr lange. . .