Gelsenkirchen. Im letzten Jahr 3500 Strafverfahren am Amtsgericht Gelsenkirchen. Rückgang bei der Jugendkriminalität. Jost-Michael Kausträter: „Es wird eher zugeschlagen.

Leicht durchatmen können die 21 Richterinnen und Richter am Gelsenkirchener Amtsgericht. Auch wenn sie im letzten Jahr in etwa 3500 Strafverfahren Täter zur Rechenschaft ziehen mussten, ist bei der Jugendkriminalität ein deutlicher Rückgang zu spüren. Ab April wird eine halbe Stelle eingespart, dann befassen sich noch drei Jugendrichter mit Straftaten von Jugendlichen. Der Personalschlüssel ist eng bemessen. Jeder Richter kommt auf eine Belastungsquote von 130 Prozent.

Die Bilanz bei den einzelnen Delikten fällt unterschiedlich aus. „Sorgen bereitet uns die Beschaffungskriminalität“, sagt Direktor Jost-Michael Kausträter. Vor allem Drogenabhängige sind nicht zimperlich, Parfum, Schnaps oder Kaffee mitgehen zu lassen. Rasierklingen, in kleiner Verpackung sortiert und daher gut zu verstecken, bieten Geschäftsinhaber mittlerweile nur noch gut gesichert an der Kasse an.

Haftanträge haben zugenommen

Haftrichter berichten, dass seit dem Zuzug von Bürgern aus Rumänien und Bulgarien die Haftanträge der Staatsanwaltschaft zugenommen hätten. Kausträter bevorzugt den liberaleren Umgang mit Sanktionen. Es müsse nicht sofort die Haft sein. Präventive Arbeit erhofft er sich vom gerade gegründeten „Expertenbeirat für Zuwanderung EU Ost“, dem Vertreter der Stadt, der Sozialverbände, des DGB, der Parteien und Arbeitsagentur angehören. Der Jurist ist zum Vorsitzenden gewählt worden. Ein erstes Gespräch über die Arbeitsweise ist für den 30. Januar vorgesehen.

Bei Diebstählen machen Jugendrichter die Erfahrung, dass die Einstiegsschwelle an Gewalt zugenommen hat. Es werde eher zugeschlagen als noch vor einigen Jahren, so Kausträter. Ein „Handy abziehen“, obwohl es ein Raubdelikt ist, wird von Jugendlichen oft als Kavaliersdelikt betrachtet. Den jungen Leuten fehle das Unrechtsbewusstsein. Dabei hätten Erwachsene ein Urteil nicht unter einem Jahr Freiheitsstrafe zu erwarten.

Betrugsfälle spielen sich im Internet ab

Klassische Betrugsfälle spielen sich immer mehr übers Internet ab. Die Masche: Man verkauft, was man nicht besitzt und erwirbt ein Produkt, ohne es zu bezahlen.

Nach wie vor das größte Problem für Polizei wie auch für die Justiz sind die Intensivstraftäter, deren Namen immer wieder vor Gericht auftauchen. Ziel ist es, die Täter durch beschleunigte Verfahren schneller zu verurteilen. Auch wenn der Anteil von Bürgern mit einem Migrationshintergrund hoch ist, gilt für Jost-Michael Kausträter der Grundsatz: „Wir müssen bei den Gründen für Straftaten auf soziale Verhältnisse schauen. Sie sind als Kriterium erheblicher als die Herkunft.“