Gelsenkirchen. Hand in Hand arbeiten die zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderung und ihre nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen zusammen. Das Team hat sich gefunden nach knapp vier Monaten gemeinsamer Arbeit im „Bistro Auf Schalke“. Eine erste Bilanz.

Der Laden brummt. Es ist Mittagszeit im „Bistro Auf Schalke“ und die Automatiktür öffnet sich im Sekundentakt. Viel zu tun für die Mannschaft, die die Teller im Akkord füllt. Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten hier seit über drei Monaten Hand in Hand. Sie sind Teil eines Integrationsprojektes des Sozialwerks St. Georg, das seine Feuertaufe bei medicos inzwischen bestanden hat.

„Wir hätten nicht gedacht, dass es so schnell so gut läuft“, ziehen Sarah Minten, pädagogische Leiterin, Martina Zabel vom Integrationsfachdienst (IFD) und der Integrationsassistent Dietrich Kober eine erste Bilanz. Über 300 Patienten von medicos werden hier wochentags zwischen 7 und 20 Uhr versorgt, dazu ist an Heimspieltagen geöffnet.

Zwölf Frauen und Männer haben Auf Schalke einen Außenarbeitsplatz

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Sarah Minten betreut die Mitarbeiter mit Behinderung. Sie brauchen jemanden, der sie ab und zu an die Hand nimmt, Rat gibt, zuhört und Wogen glättet. Bevor sie im Oktober im „Bistro Auf Schalke“ ihren „Außenarbeitsplatz“ angetreten haben, waren die zwölf Frauen und Männer zwischen Anfang 20 und Mitte 40 Mitarbeiter in einer Werkstatt des Sozialwerks St. Georg. Dessen gemeinnützige Tochter ist die INTZeit-Arbeit, die das Bistro betreibt und ihren Mitarbeitern den Weg in den ersten Arbeitsmarkt geebnet hat. Nicht denkbar wäre das Projekt ohne die finanzielle Unterstützung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), der Arbeitsagentur, Aktion Mensch und Stiftung Wohlfahrtspflege.

Zwei Jahre haben die Vorbereitungen gedauert, bis man im Oktober ins kalte Wasser gesprungen ist und über Nacht aus dem „Ess 04“ das „Bistro Auf Schalke“ gemacht hat. Das ganze Inventar des früheren „Ess 04“ wurde ausgetauscht, das etwa 20-köpfige Personal komplett übernommen und um die Kräfte aus den Werkstätten ergänzt.

Das neue Team des Bistro hat sich ganz schnell gefunden

Daraus ist ein ganz neues Team entstanden“, freut sich Sarah Minten. Alle machen alle Arbeiten im Schichtdienst, es gibt für Niemanden „Sonderaufgaben“. Anfängliche Skepsis habe sich schnell gelegt: „Alle waren unheimlich froh über die enorme Entlastung“, berichtet die Sozialarbeiterin.

Große Ängste gab es allerdings auch auf Seiten der Behinderten. Die haben sich schnell verflüchtigt, „weil keiner komisch guckt“, aber viele loben. Das habe das Selbstwertgefühl der Menschen mit Behinderung gestärkt. Drei von ihnen haben inzwischen sogar einen Arbeitsvertrag für ein „richtiges“, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis unterschrieben, einer macht demnächst eine Ausbildung in der Küche.

Für einen rauen Ton ist in der Bistro-Küche kein Platz

Für den erfahrenen Küchenchef Franko Böger ist die Zusammenarbeit mit diesem Team etwas Neues. Täglich werden 400 bis 450 Essen ausgegeben. „Da muss das Team stimmen und die Organisation. Man muss flexibel sein und immer die Ruhe bewahren.“ Für den „rauen Ton“, der oft in Restaurantküchen herrscht, ist in dieser kein Platz. Das würde die Mitarbeiter mit Behinderung nur verschrecken, sagt Sara Minten, die sich selber „die Dame im Hintergrund“ nennt.

Sie liefert das „Rund-um-Sorglos-Paket“, hilft einen Platz für den Hund zu finden, wenn der Mitarbeiter zur Arbeit ist, rät vom Blau färben der Haare ab und schreitet ein, wenn die Servicekraft an der Essensausgabe laut jubelnd einen verehrten Schalke-Spieler begrüßt (weil das geht gar nicht wegen der Privatsphäre). . .

Alex (40) ist vom Speisesaal der Werkstatt ins Bistro gewechselt

Auch Alex ist inzwischen Schalke-Fan. Die 40-Jährige arbeitet an der Essensausgabe des „Bistro auf Schalke“, räumt die Tische ab und steht manchmal (aber ungern) in der Spülküche, wo auch nach jedem Spülgang die Gläser und das Besteck poliert werden müssen.

„Ich habe mir einen Schalke-Schal gekauft“, verrät Alex strahlend und auch, dass sie inzwischen viele Schalke-Spieler kennt und getroffen hat. Sie arbeitet gerne im Bistro. „Weil hier jeder hin kann. Und weil die Patienten so freundlich sind.“

Freundinnen hat sie auch schon an ihrem neuen Arbeitsplatz gefunden. Jeden Tag kommt Alex, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, alleine von ihrer Wohngruppe per Linienbus zur Arbeit. In der Werkstatt hat sie zuvor ebenfalls im Speisesaal gearbeitet und in den letzten Monaten schon viele Dinge unter der Regie des Integrationsassisstenten Dietrich Kober trainiert.

Nach drei Monaten im neuen Job, so stellt er fest, habe Alex sich enorm entwickelt und stark an Selbstvertrauen gewonnen.