Gelsenkirchen. Der aus Gelsenkirchen stammende Kabarettist HG. Butzko wird im März in Mainz mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 2014 ausgezeichnet. Seine Kritik am Finanzsystem überzeugte die 20-köpfige Jury. Aber auch Themen wie Polizeigewalt in der Schalker Nordkurve packt Butzko in seine Nummern.

Im März 2014 nimmt der aus Gelsenkirchen stammende HG. Butzko im Unterhaus in Mainz den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Kabarett entgegen. WAZ-Mitarbeiter Tobias Mühlenschulte traf den Kabarettisten.

Herr Butzko, wie und wo haben Sie davon erfahren, dass Sie mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet werden?

HG. Butzko: Ich war in Basel und habe dort für drei Tage an der Kabarettbühne gespielt. Am Samstag zwischen 15.30 und 17.15 Uhr wurde ich vier Mal auf der Mailbox angerufen. Hallo? Spielte da wohl gerade Schalke gegen Hertha? Hatte ich da wohl gerade was Besseres zu tun? Um 17.20 Uhr hat mich das Komitee dann aber erreicht und mich gefragt, ob ich den Preis annehmen werde.

Wie haben Sie reagiert?

Butzko: Nach einem dezenten Schweißausbruch ist mir ein „Ach, du Scheiße“ rausgerutscht. Damit hatte ich zugesagt. Ich war überrascht, ich hatte nicht damit gerechnet. Es gibt pi mal Daumen 500 Kabarettisten und Ensembles im deutschsprachigen Raum. Der Deutsche Kleinkunstpreis ist der deutsche Kabarett-Oscar, da geht nichts drüber. Das hat mein Vorgänger Helmut Schleich – der Gewinner von 2013 – so gesagt, und wer wäre ich, da widersprechen zu wollen?

Waren Sie zuvor schon mal für den Deutschen Kleinkunstpreis nominiert?

Butzko: Das erfährt man nicht. In der Jury sitzen 20 Fachleute aus dem deutschsprachigen Raum – Redakteure, Journalisten und Veranstalter aus dem Bereich Kabarett. Und jeder davon bringt einen Kandidaten ins Spiel.

Publikumspreis bei Tegtmeiers Erben

Jüngst wurde HG. Butzko auch mit dem Publikumspreis bei Tegtmeiers Erben ausgezeichnet. Der Wettbewerb, benannt nach dem Ruhrpott-Grantler Adolf Tegtmeier, der bekanntesten Figur des Kabarettisten Jürgen von Manger, wird alle zwei Jahre von der Stadt Herne veranstaltet.

Hans-Günter Butzko ist 48 Jahre jung und machte am Grillo-Gymnasium in der Altstadt Abitur. Anschließend absolvierte er 20 Monate lang seinen „Zuviel-Dienst“ (Butzko) bei der Awo. Er nahm Schauspielunterricht, ging für jeweils drei Jahre zum Theater nach Hof und Würzburg. 1997 stand er mit seinem ersten Solo-Programm auf der Kabarettbühne. In Gelsenkirchen steht er wieder am 25. Januar 2014 mit seinem aktuellen Programm „Herrschaftszeiten“ auf der Bühne.

Die Jury bezeichnet Sie als „Meister des investigativen Kabaretts, wie er besonders in seiner satirischen Interpretation der Finanzkrise unter Beweis stellt“. Woher kommt Ihr ausgeprägtes Interesse für das Thema Banken und Finanzen?

Butzko: Als politischer Kabarettist bin ich daran von Haus aus interessiert. Aber mein Schlüsselerlebnis war ein Statement von Angela Merkel kurz nach der Pleite von Lehman Brothers.

Da hat sie sich vor die Kameras gestellt und gesagt, dass unsere Einlagen sicher sind. Das hat sie einfach so rausgehauen, ohne jede Legitimation! Mein Misstrauen war geweckt und ich habe angefangen zu recherchieren. Seither sind Banken und Finanzen ein fesselndes Thema und bilden in all meinen Programmen einen Schwerpunkt.

"Als politischer Kabarettist muss man in der Hauptstadt leben" 

Wie gehen Sie bei Ihren Recherchen vor?

Butzko: Zum Beispiel lese ich Bücher, die nur Fachidioten verstehen, und übersetze sie mit meinem Laienverstand. Und das ist dann schon Satire (lacht). Ich verwende dabei Informationen, die allen zugänglich sind, aus seriösen Quellen. Ich habe mich aber auch schon mal mit jemandem von der Bundesanstalt für Finanzaufsicht unterhalten.

Welchen Themen widmen Sie sich außerdem?

Butzko: Ich schaue, was tagesaktuell ist. Im Moment ist das natürlich die Koalitionsbildung. Auch die Rolle der Grünen oder Polizeigewalt – zum Beispiel in der Schalker Nordkurve – waren schon Themen, die mich beschäftigt haben. Je nachdem, was gerade die Schlagzeilen dominiert, oder eben auch nicht.

Wie haben Sie auf den Tod von Dieter Hildebrandt reagiert?

Butzko: Ich habe ihn persönlich kennengelernt und auf meiner Website einen Nachruf geschrieben. Dieter Hildebrandt war ein listig-lieber Menschenfreund. Ein interessierter, wacher Kollege. Er ist mal bei einem Auftritt von mir aufgetaucht – ohne Kartenreservierung, ich wusste nicht, dass er kommt. Anschließend haben wir uns unterhalten und er hat mich zu seinem Internet-Projekt Störsender eingeladen.

Ich bin dankbar, ihn persönlich kennengelernt haben zu dürfen. Dass er mochte, was ich mache, war schon so etwas wie ein Ritterschlag. 25 Jahre lang hatte Franz Josef Strauß im Jenseits seine Ruhe. Jetzt macht der Hildebrandt ihm die Hölle heiß!

Sie sind ja von Schalke nach Düsseldorf gezogen...

Butzko: ...Seit August bin ich Berliner. In Düsseldorf habe ich von 2000 bis 2013 gewohnt. Als politischer Kabarettist muss man aber in der Hauptstadt leben. Und es ist eine Wohltat, von Düsseldorf nach Berlin zu ziehen. Vom Sozialgefälle her ist das der schönste Kontrast, den man erleben kann. Von der Denke, der Spreche und der Mentalität her bin ich aber immer Schalker geblieben. Das kriegt man nicht mehr raus.