Gelsenkirchen. „Wir haben keinen großen Stellenwert und keine Lobby“, bedauern die Mitglieder der Seniorengruppe „Glückauf“, die sich seit zehn Jahren regelmäßig trifft. Spätestens am Jahresende müssen sie aus den Containern an der Franziskusstraße ausziehen, eine neue feste Bleibe haben sie noch nicht.
„Wir sind Auslaufmodelle“ stellt die alte Dame erbittert fest, als sei damit erklärt, warum sich die Seniorengruppe „Glückauf“ so verlassen und missachtet fühlt. Bald wird die Gruppe wohlmöglich obdachlos. Seit gut vier Jahren treffen sich die alten Damen und (und eine Handvoll) Herren in Containern. Die wurden als „Übergangslösung“ an der Franziskusstraße aufgestellt, als dort mit dem früheren Gesundheitshaus ihr ursprünglicher Treffpunkt abgerissen wurde.
Nun sind auch die Tage der Container gezählt, ein neue feste Bleibe ist für die Senioren aber nicht in Sicht, nur wieder eine „Notlösung“ – im Curanum Seniorenpflegezentrum.
Gruppe fühlt sich allein gelassen
Das bedauern viele in der großen Runde, die sich im Container versammelt hat. Es ist der Bingo-Nachmittag und auch ein Festtag, denn Ellen feiert ihren 74. Geburtstag und spendiert belegte Brötchen. Es gibt ein Ständchen aber auch viel Bitternis und Sorge, weil sich die Senioren ziemlich alleingelassen fühlen mit ihren Wünschen.
Ihr Wunsch ist ein fester Treffpunkt für die Seniorengruppe „Glückauf“, die montags und dienstags von 14 bis 17 Uhr zusammen kommt. Die Teilnehmer, um die 25 sind es jedes Mal, spielen zusammen, reden, hören Vorträge, regelmäßig gibt es das Seniorencafé. Freitags von 14.30 bis 16.30 Uhr trifft sich der Gute-Laune-Chor unter Leitung von Hans Schmidt, der manchmal auch in Altenheimen auftritt.
Senioren träfen sich künftig am liebsten am Trinenkamp
Am liebsten würden sich die Senioren künftig im Begegnungsraum der GGW-Seniorenwohnanlage am Trinenkamp treffen. Das scheint aber am Protest der dortigen Bewohner zu scheitern, eine Anfrage bei der GGW blieb bisher ohne Antwort. Viele Stellen wurden schon eingeschaltet, die Resonanz blieb gering. Als Treffpunkt für den Übergang angeboten wurde ihnen jetzt das Curanum Seniorenpflegezentrum. Herbert Klein, mit 89 Jahren Ältester in der Runde, muss fast lachen über das Wort „Übergangslösung“: „Wie lange soll das denn diesmal dauern?“ Mit der Idee ins Altenheim zu gehen, wenn auch nur zum Spielen, kann er sich ohnehin nur schwer anfreunden.
Das geht vielen in der Runde nicht anders. Marion Liebig, mit 56 Jahren eine der Jüngeren in der Runde, fürchtet, dass niemand Neues dazu kommt, trifft man sich erst einmal im Altenheim: „Das schreckt ab.“ Aber alle würden in den sauren Apfel beißen, bevor die ganze Runde auseinander fällt. „Wir wollen uns auf gar keinen Fall trennen“, erklärt Inge Peters (77) resolut: „Wir freuen uns in jeder Woche, dass wir kommen dürfen!“ Seit zehn Jahren gibt es die Seniorengruppe, manche sind seit dem ersten Tag dabei. Viele Freundschaften sind entstanden. „Man fühlt sich hier geborgen und angenommen. Es gibt keine Gehässigkeiten untereinander“, weiß Waltraud Kenkel (85) zu schätzen. Außerdem, so bedauert Ingrid Jung (82): „Es gibt ja sonst keine Angebote für Senioren.“
Ort muss gut zu erreichen sein
Über ein Jahr lang habe man alle zuständigen Stellen auf der Suche nach einer Lösung angesprochen. „Ich findet es sehr traurig, dass keiner sich gemeldet hat“, meint Herbert Klein. „Wir haben keinen großen Stellenwert und keine Lobby“, findet auch Ingrid Jung.
„Nun drängt die Zeit“, stellt Karin Scoors fest, von Anfang an ist sie als ehrenamtliche Betreuerin dabei. „Wir wollen nicht ohne eine Lösung auseinandergehen.“ Gebraucht wird ein Treff in Bismarck, am frühen Nachmittag geöffnet, groß genug für 25 Leute und gut zu erreichen auch für wenig mobile Senioren mit Rollator.