Gelsenkirchen. Am 14. November ist Welt-Diabetestag. Aus diesem Anlass luden die WAZ Gelsenkirchen, der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin an den Evangelischen Kliniken sowie der Augenarzt Priv.Doz. Michael Selbach Leser ein, im Rahmen einer Telefonaktion ihre Fragen zum Thema individuell beantworten zu lassen.
Anlässlich des Welt-Diabetestages am 14. Januar hatte die WAZ-Gelsenkirchen Experten zum Thema für eine Telefonaktion in die Redaktion geladen. Zahlreiche Leser nutzten das Angebot, ganz individuell Fragen zu ihrer Erkrankung zu stellen. Prof. Claus Doberauer, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin an den Evangelischen Kliniken, informierte dabei über Folgeerkrankungen ebenso wie über Medikamente und Therapieformen. Privat-Dozent Dr. Michael Selbach stand als Augenarzt für Fragen zu Diabetes-Folgeerkrankungen am Auge zur Verfügung.
Das Altersspektrum der Anrufer lag zwischen 58 und 90 Jahren, entsprechend der Hauptaltersgruppe von Patienten mit Diabetes Typ II , also dem erworbenen Diabetes. Allerdings steigt der Anteil auch jüngerer Menschen mit diesem Diabetestyp in den letzten Jahren beständig, bedingt oft durch falsche Ernährung und zu wenig Bewegung.
Auch Nerven und Darm betroffen
Viele Anrufer hatten Fragen zu Folgeerkrankungen wie peripherer Neuropathie. Davon Betroffene leiden unter Taubheit an einigen Körperstellen, dem Gefühl von kribbelnden Ameisen oder Missempfindungen. Eine andere mögliche Folge, zu der es ebenfalls mehrere Fragen gab, ist die autonome Neuropathie, bei der der Darm beteiligt ist und es zu Durchfällen kommen kann. In beiden Fällen verwies Prof. Doberauer darauf, wie wichtig die gute Zuckereinstellung ist und nannte mögliche medikamentöse Therapien, die bei der autonomen Variante allerdings nur die Symptome bekämpfen können.
Generell gab es Fragen zu allen Stadien der Diabeteserkrankung: Von jenen, die „nur“ Tabletten nehmen, weil anfangs nur die Wirksamkeit bzw. Effektivität des produzierten Insulins eingeschränkt ist, über jene, die wegen Mangels Insulin spritzen müssen bis hin zu Patienten mit Insulinpumpe.
Ein großes Thema war die Kombination von Medikamenten und die Verträglichkeit von Präparaten. Wobei Prof. Doberauer vor allem auf die Bedeutung der guten Abstimmung der Medikamente aufeinander verwies. Jüngste Studien haben gezeigt, dass Patienten mit zu vielen und/oder falsch kombinierten Medikamenten schlechtere Werte aufwiesen als solche, die gar keine Medikamente bekamen.
Zu schweren Diabetes-Folgeerkrankungen am Auge kommt es in der Regel erst nach längerer Erkrankung, verstärkt bei Menschen, die weniger auf ihren Insulinspiegel achten. Die kleinen Gefäße im Auge werden dabei undicht und brüchig, durch das Auslaufen kommt es zu Makula-Ödemen (Schwellungen der Stelle des schärfsten Sehens), die allerdings immer besser in ambulanten Eingriffen therapiert werden können. Die mildere Form sind Retinopathien, Störungen der äußeren Teile der Netzhaut, die in der Regel gelasert werden können. Beides wird vom Ärzteteam des Augenarztzentrums Selbach/Anastassiou/Kremmer in den Evangelischen Kliniken durchgeführt – ambulant.
Am Anfang der Therapie steht ein neuer Lebensstil
Der Diabetes Typ II, der deutlich häufigere, erworbene, hat viel mit dem Lebensstil zu tun. Laut neuesten Untersuchungen leiden 16 Prozent der über 55-Jährigen unter Diabetes, hinzu kommen ebenso viele, die unter einer Vorstufen leiden. Als erste Maßnahme empfiehlt der Internist Prof. Doberauer diesen Patienten eine Änderung des Lebensstils. Dazu zählen eine gesündere Ernährung (keine Diät, sondern ausgewogene Kost), regelmäßige Bewegung und – das Rauchen aufzugeben. Schließlich schädigt der Diabetes die Gefäße schon mehr als genug.
Die Statistik hat allerdings nicht nur Negatives zu vermelden. Zwar steigt die Zahl der Betroffenen steigt und es gibt immer mehr jüngere Erkrankte. Es gilt auch weiterhin: Diabetiker haben eine verkürzte Lebenserwartung. Aber: Die schweren Folgeerkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle sind in den letzten Jahren dank verbesserter Therapien deutlich rückläufig.
Der Tipp des Experten zu medikamentösen Therapien: Maximal zwei orale Präparate, also zu schluckende Medikamente, parallel sollten als Faustregel gelten. Der Augenarzt, Priv.Doz.Michael Selbach rät: Das Wichtigste ist, den Blutzuckerspiegel im Blick zu halten. Wer erkrankt ist, sollte auch die verbesserte Diagnosetechnik für Augenschäden nutzen. Obwohl viele Kassen die Kosten (90 Euro) nicht übernehmen. Aber die OCT-Untersuchung (optische Cohärenz-Tomographie) zeige neben den kleinen Gefäßen auch die genaue Dicke der Netzhaut, was wichtig für die frühe, gefahrlose Erkennung von Makula-Schwellungen sei.