Gelsenkirchen. Bis 2010 waren die Gehälter der Orchestermusiker an die Tarife im öffentlichen Dienst gekoppelt. Nun werden ihre Löhne separat ausgehandelt. Viele Musiker fühlen sich nicht mehr angemessen bezahlt. Beim 3. Sinfoniekonzert im Musiktheater traten sie daher während der Vorstellung in den Streik.
Schreckmoment fürs Publikum am Dienstagabend beim 3. Sinfoniekonzert: Der designierte Generalmusikdirektor schlug gerade den ersten Takt an, da standen die Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen einer nach dem anderen auf und verließen die Bühne des Musiktheaters.
Rasmus Baumann dirigierte wenige Sekunden unbeirrt weiter und verschwand dann auch hinter die Kulissen. So etwas hatten die Theaterbesucher bislang noch nie erlebt.
DOV klagte vor dem Bundesarbeitsgericht
Doch einer war auf der Bühne geblieben und klärte das Publikum auf: Oboist Rainer Nörenberg zog sich eine gelbe Warnweste an und erklärte: „Was Sie hier sehen, ist kein Stück von John Cage, sondern ein Warnstreik.“ Nörenberg erklärte den Menschen den Grund für die ungewöhnliche Maßnahme: „Wir hier auf der Bühne haben seit 2010 keine Lohnerhöhung mehr erhalten, alle hinter der Bühne schon.“
Der Philharmoniker warb bei den Zuhörern um Verständnis und um Unterstützung im Arbeitskampf: „Machen Sie Druck auf die Träger und auf den Oberbürgermeister!“ Da die Musiker anschließend ihre Instrumente doch noch auspackten und das Konzert wie geplant absolvierten, reagierte das Publikum mit Beifall auf die außergewöhnliche Maßnahme.
Hintergrund des Tarifkonflikts: Bis 2010 waren die Gehälter der Orchestermusiker an die Tarife im öffentlichen Dienst gekoppelt. Dann aber sollte der Deutsche Bühnenverein als Arbeitgeber mit der Gewerkschaft, der Deutschen Orchestervereinigung (DOV), die Tarife für die Staats- und Landesorchester separat aushandeln. Dagegen klagte die DOV vor dem Bundesarbeitsgericht, erfolglos.
Den Musikern reicht’s
Bratschist Christian Otto, DOV-Delegierter der Philharmonie, ist enttäuscht und sauer: „Uns reicht es jetzt. Wir wollen ein hochwertiges Musikangebot erhalten, dafür müssen wir auch angemessen entlohnt werden.“ Nach seinen Angaben liegt die Orchestervergütungen mehr als acht Prozent unter der der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes: „Die Musiker haben alle lange studiert und in kostspielige Instrumente investiert.“ Michael Makiolla, Vorsitzender des Trägervereins der Philharmonie und Landrat des Kreises Unna, zur WAZ: „Ich habe Verständnis für die Forderungen, aber unter den gegebenen finanziellen Rahmenbedingungen sind die Träger Gelsenkirchen, Recklinghausen und Kreis Unna nicht in der Lage, diese Tarifsteigerung zu bezahlen.“
Die nächste Tarifrunde findet am Freitag statt. Kommt es zu keinem Ergebnis, so Christian Otto, schließe man weitere massive Streikaktionen auch am MiR nicht aus.