Gelsenkirchen.

Gewagt – gewonnen. Mit einem mutigen, modernen Konzertkonzept gab Generalmusikdirektor Heiko Mathias Förster mit seiner Neuen Philharmonie Westfalen den Startschuss in die aktuelle Konzertsaison. Der Erfolg gab dem Dirigenten Recht, auch wenn einige Plätze im großen Haus des Musiktheaters im Revier leer geblieben waren.

Zeitgenössische Rhythmen aus dem Reich der Mitte, Urschreie aus dem Regenwald und krasse Klänge aus dem heidnischen Russland, diese Aussicht schreckte offenbar so manchen potenziellen Konzertbesucher ab. Leider!

Denn die Musikfreunde, die am Montag und Dienstag ins Große Haus des Musiktheaters im Revier kamen, obwohl (einige sicherlich auch gerade weil) Werke von Guo Wenjing (Jahrgang 1956), Silvestre Revueltas (1899-1940) und Igor Strawinsky (1882-1971) auf dem Programm standen, erlebten eine Reise durch einen hochkarätigen, faszinierenden Klangkosmos.

Schlagzeug-Highlight

Highlight war zweifellos der erste Programmteil. Der grandiose Ausnahme-Schlagzeuger Li Biao aus China, dem neuen Boom-Land der Klassik, interpretierte gemeinsam mit der aufmerksamen Philharmonie „The Rite of Mountains“ (Das Opfer der Berge), ein dreisätziges Konzert für Schlagzeug und Orchester op. 47. Das hatte Guo Wenjjing als monumentale Erinnerung an das verheerende Erdbeben 2008 in Wenchuan komponiert, bei dem über 70 000 Menschen ums Leben kamen. Li Biao ließ die Klöppel kunstvoll fliegen, und zwar über gleich drei unterschiedliche Schlagwerke. Im ersten Satz extrem schnell übers Marimbaphon, im zweiten über eine ganze Ansammlung von chinesischen Gongs, und im dritten Satz haute der Solist zunächst gewaltig auf die Pauke, um dann ein regelrechtes Trommelfeuer zu eröffnen. Im Mittelteil sorgten sogar die stampfenden Füße der Musiker für Rhythmus.

Mit der musikalischen Beschreibung der tödlichen Naturgewalt, der Trauer um die Toten und schließlich des ungebrochenen Lebenswillens ernteten Orchester und Solist jede Menge Beifall und Bravos.

Die kurze sinfonische Dichtung „Sensemayá“ von Revueltas gab mit ihrer wilden Rhythmik einen Vorgeschmack auf Strawinskys vielstimmigen Klassiker „Le Sacre du Printemps“ (Das Frühlingsopfer“). Urgewaltig ausbrechende Klanggewitter und dissonante Ausbrüche forderten den Zuhörer noch einmal ein hohes Maß an Aufmerksamkeit ab, so dass es hier trotz ausgezeichneter Orchesterarbeit nur noch freundlichen Beifall gab.