Gelsenkirchen. NPW spielt im Gelsenkirchener Musiktheater Bratschenkonzert von Bartók, das Schüler Tibor Serly in Partiturform gegossen hat. Musiker sitzen nicht gerade wachsam, schon gar nicht für die Musik brennend auf der Stuhlkante.

Am Ende von Béla Bartóks Leben steht, in Form des Bratschenkonzerts, das Fragment. Letzte Noten eines totkranken, Heimweh geplagten, nur in Maßen erfolgreichen ungarischen Komponisten im amerikanischen Exil. Skizzen einer brüchigen, bitter elegischen, im Finale noch einmal auftrumpfenden Musik, die Bartók-Schüler Tibor Serly in Partiturform gegossen hat. Gespielt wird dieser konzertante Schwanengesang eher selten. Denn das Werk erweist sich rhythmisch als hakelig, im Ausdruck bisweilen schroff, in seiner Konstruktion zerklüftet.

Nun hat die Neue Philharmonie Westfalen das Stück in den Mittelpunkt ihres 2. Sinfoniekonzerts gerückt. Felix Schwartz, Solobratschist der Staatskapelle Berlin, gibt den dunklen Tonfall vor, klangsatt und expressiv, voller Glut und mit teils exzessiver Note. Der Solist mag dabei eine virtuose Sachlichkeit bevorzugen, doch die Musik berührt und wirkt mitreißend in ihren folkloristischen Anspielungen. Der Solopart steht im Zentrum des Geschehens, das Orchester fügt sich ein in markanter Rhythmik mit teils schönen Holzbläserepisoden, bisweilen aber in nahezu beiläufiger Begleitung. Dirigent Heiko Mathias Förster gibt mit abgezirkelten Fingerzeigen, mit einem Hauch von tänzerischer Attitüde präzise Einsätze, doch die Musiker sitzen nicht gerade wachsam, schon gar nicht für die Musik brennend auf der Stuhlkante.

Ein dunkles, etwas diffuses Sommernachtstraumtosen

Das führt in Richard Wagners „Feen“-Ouvertüre, ein dunkles, etwas diffuses Sommernachtstraumtosen im Geiste des Romantikers Carl Maria von Weber, zu einer schroffen, kaum ausdifferenzierten Deutung. Hinzu kommt ein eher dumpfer Tuttiklang, den das Orchester in Bruckners 6. Sinfonie zum Glück ablegt. Dann schälen sich etwa schöne Klangschichtungen der Blechbläser heraus. Doch das Zelebrieren eindrucksvoller Stellen nutzt wenig, wenn die machtvolle Musik überwiegend zerfasert daherkommt. Mit uneleganten Phrasierungen, wenig Binnenspannung und rhythmischem Straucheln bei Tempowechseln. Bruckners Größe geht in diesem Gewirr leider verloren, es fehlt der lange Atem, das Denken in weiträumigen Strukturen. Im nicht ausverkauften Haus gibt es Beifall ohne Enthusiasmus.