Gelsenkirchen.

Jahrhundertelang bauten Architekten Behausungen mit den Materialien, die sie vorfanden: mit Lehm und Holz, mit Kalk- und Sandstein, Marmor, Bronze. Mit Beginn der Industrialisierung explodierte auch die Auswahl an möglichen Werkstoffen.

Es standen nun vermehrt Glas, Beton, Gusseisen, Stahlbeton oder Kunststoff zur Verfügung. Heute aber heißt es für die Baumeister dieser Welt längst: „Anything goes!“ Alles ist möglich.

Unter diesem Motto zumindest lädt das Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW, kurz „M:AI“, zur Ausstellung über die neue Lust am Material ein. Der Ausstellungsraum selbst ist dabei das größte Exponat: Einst mächtige Maschinenhalle von Schacht Oberschuir, dient die Backsteinhalle heute unter dem Namen „StadtBauRaum“ als attraktive Veranstaltungsstätte.

Schillernde Skulpturen

Die Ausstellungsmacher dokumentieren hier mit Hilfe von 30 internationalen Beispielen aus der Welt der Architektur, was alles geht mit Hilfe neuester Baustoffe. Mit transparenten, superleichtem Beton zum Beispiel. Oder mit feinsten Folien, mit Textilstoffen, mit Titanschindeln. Da entwickelt sich so manches Bauprojekt zur gigantisch schillernden Skulptur in der Landschaft. Fotos über den Ausstellungsinseln dokumentieren die Realisierung der Projekte.

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Die meisten der ausgestellten Werkstoffe dürfen die Besucher anfassen. Die Schau lädt in einer Werkstatt-Atmosphäre ein zum Entdecken, Ausprobieren, zum Staunen. Betonstücke zum Beispiel, das eine erdenschwer, das andere federleicht, dürfen auf einer Waage nachgewogen werden. Per Knopfdruck lässt sich eine Betonwand zum inneren Leuchten bringen. Membrane, mit denen gewagte Dachlandschaften gebaut werden, darf man sich zwischen den Fingern zergehen lassen.

Natur ins Heim bringen

Manches haben sich die Architekten von der Natur abgeschaut. Lebendige Fassaden zum Beispiel, die eigenständig das Hausklima regulieren und gleichzeitig Energielieferant sind.

Dass Baustoffe gut recycelbar sind, dokumentieren die Podeste aus ineinander gesteckten Pappelementen, die Architekt Martin Sinken entwickelt hat. Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Generalkuratorin des Museums für Architektur, arbeitete gemeinsam mit ihrem Team rund zwei Jahre an dem Ausstellungsprojekt, betont: „Es ist eine Schau gleichermaßen fürs Fachpublikum und für Laien.“ Das Begleitprogramm startet am 12. November, 19 Uhr, mit dem Vortrag „Vom Stoff zum technischen Textil. Bauen mit Membranen.“