Gelsenkirchen. Zweisprachige Vorleseaktion in der Gelsenkirchener Kinderbibliothek stößt auf großes Interesse bei den Kindern. Neben den Grimm'schen Märchen auf Deutsch und Polnisch erzählte Ursula Wanoth auch von ihrem Leben in Schlesien. Und das verwunderte einige Kinder.

Es ist ein wenig wie lebendiger Geschichtsunterricht. Was bei der deutsch-polnischen Lesung in der Kinderbibliothek vorgetragen wird, geht weit über das bloße Geschichtenerzählen hinaus. In den Kinderohren erklingt nicht nur eine fremde Sprache, auch die Hintergründe zum Land werden gleich mitgeliefert.

Hässliche Entlein und Rotkäppchen

Die offene Ganztagsklasse der Grundschule Georgstraße hat sich im Saal der Kinderbibliothek versammelt. Einige Kinder kommen öfters hierher, für andere ist die Umgebung ungewohnt. Das heutige Thema ist Polen, oder vielmehr eine Märchenlesung (Das hässliche Entlein und Rotkäppchen) in deutscher und polnischer Sprache.

„Woher kommen denn eure Familien?“, fragt Vera Piontek-Krebber, Leiterin der Kinderbibliothek. Türkei, Deutschland, Bosnien, Rumänien und auch Polen sind die Antworten. Der erste Eindruck von der fremden Sprache: komisch, „aber das hört sich auch interessant an“, sagt Ilyas (9). Seine Eltern stammen aus der Türkei, zu Polen hatte er vorher keinen Bezug. Sophie (8) jedoch schon. Ihre Mutter stammt aus Polen, ihr Vater aus Nigeria. Doch sie versteht kein Polnisch. „Aber ich habe meine Oma in Polen schon dreimal besucht“, erzählt sie stolz.

Polnisches Geld und alte Bilder

Zwischen den Märchen beginnt Ursel Wanoth aus ihrem deutsch-polnischen Leben zu erzählen und den Kindern das fremde Land zu erklären. „Ich komme aus Oberschlesien. Meine Eltern waren auf einer deutschen Schule und haben auch Deutsch gesprochen. Doch dann wurde die Sprache bei uns verboten und wir haben nur Polnisch gelernt.“ Eine Sprache verbieten? Das können sich die Kinder gar nicht vorstellen. „Wir sprechen zu Hause Türkisch und in der Schule Deutsch“, erzählt Ilyas. Zweisprachig aufzuwachsen ist hier selbstverständlich. Als Ursel Wanoth 1988 nach Deutschland kam, musste sie ihr Deutsch neu lernen: „Das war sehr schwer.“

Besonders begeistert zeigen sich die Kinder von den kleinen Mitbringseln, die Wanoth dabei hat:. Polnisches Geld und Fotos aus ihrer Kindheit. „Zu den Vorlesungen sind alle Kinder eingeladen. Alleine den Klang einer neuen Sprache zu hören und zuzuordnen ist für sie wichtig“, erklärt Vera Piontek-Krebber. Zum Verständnis liest sie die Geschichte auch auf Deutsch vor und zeigt Bilder dazu.