Essen. Dieses Urteil birgt Brisanz: Das Landessozialgericht NRW hat einer rumänischen Familie, die schon lange in Deutschland lebt, einen Anspruch auf Hartz IV zugebilligt. Die in Gelsenkirchen lebende Familie hatte geklagt, nachdem die Stadt einen Antrag auf Leistungen abgelehnt hatte.

EU-Bürger ohne Arbeit, die sich schon lange in Deutschland aufhalten, haben ein Recht auf Hartz IV-Unterstützung. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen am Donnerstag entschieden. Eine in Gelsenkirchen lebende vierköpfige Roma-Familie aus Rumänien hatte geklagt, nachdem die Stadt 2010 einen Antrag auf Leistungen abgelehnt hatte. Nach geltendem europäischen Recht haben EU-Bürger, die nach Deutschland einwandern, um eine Arbeit zu suchen, kein Recht auf Fürsorgeleistungen - anders als etwa arbeitssuchende US-Bürger mit Aufenthaltsgenehmigung.

Das Gericht entschied nun, dass dieses Ausschlusskriterium nicht auf die Familie zutreffe, weil sie zur Zeit der Antragstellung schon ein Jahr in Deutschland gewesen sei. Weil die Bundesagentur für Arbeit wenig Aussicht sehe, dass der Vater eine Beschäftigung finde, erlischt aus Sicht des Gerichts der Grund für die Verweigerung nach sechs bis neun Monaten der Arbeitssuche. Schon zuvor hatten Familien per Eilentscheid mit ähnlichen Argumenten erfolgreich einen Hartz IV-Anspruch erstritten.

130.000 Rumänen und Bulgaren haben nun Aussicht auf Hartz IV

Die Entscheidung des höchsten nordrhein-westfälischen Sozialgerichts sei bedeutsam, weil sie einen erheblichen Personenkreis von rund 130.000 nun Berechtigter betreffe, sagte ein Sprecher des Gerichts. Vor allem hier lebende und vergeblich auf Arbeit hoffende Rumänen und Bulgaren haben nun Aussicht auf Hartz IV. Auf die Kommunen könnten jetzt zahlreiche neue Leistungsanträge und damit neue Kosten zukommen. (dpa)