Gelsenkirchen. Joachim Poß: CDU führte einen „Wohlfühl-Wahlkampf“.
Die ersten Hochrechnungen hatten den Genossen im vollen und muckelig warmen Ratssaal längst gezeigt, wo es in den nächsten vier Jahren wahrscheinlich lang gehen wird: kein rot-grünes Dreamteam, höchstens große Koalition. Also lenkte man die Freude zunächst auf die Verlierer und applaudierte, als sich das Aus der Liberalen in Berlin und im hessischen Landtag abzeichnete. Und damit es noch ein wenig wärmer wird, gab es heiße Suppe.
Da war vom alten politischen Hasen und aktuellem Direktkandidat der Sozialdemokraten, Joachim Poß, noch weit und breit keine Spur. Der ließ sich Zeit, wollte erst sehen, welches Ergebnis sich in Gelsenkirchen für ihn abzeichnet.
Absolute Mehrheit vielleicht sogar positiv?
Also übernahm Parteichefin Heike Gebhard die Moderation, während andere die Gelegenheit nutzten, sich ein wenig im neuen Hans-Sachs-Haus umzusehen oder in Randgesprächen zu spekulieren. Etwa darüber, ob die absolute Mehrheit der CDU nicht sogar von Vorteil sei? Weil man Angela Merkel und ihre Partei dann verantwortlich machen könne für Entscheidungen, die sie allein treffe?
Trotz des im Vergleich zum Bund immer noch guten Abschneidens der Genossen in der roten Hochburg Gelsenkirchen: Freude sieht anders aus. „Die Mehrheitsverhältnisse in Gelsenkirchen sind klar“, sagte später der alte und neue Bundestagsabgeordnete Joachim Poß im Gespräch mit der WAZ. Was das Abschneiden der CDU auf Bundesebene angeht, konstatierte er: „Das ist das Ergebnis eines Wohlfühl-Wahlkampfes.“ Angela Merkel habe versucht, sich als Sicherheitsanker zu profilieren. Und die FDP sei das Opfer. Ob es bei einer absoluten Mehrheit der Union nicht noch schwieriger sei, die Probleme klammer Revierstädte wie Gelsenkirchen in Berlin anzupacken? „Die Probleme kommen jetzt wieder auf den Tisch“, sagte Poß. „Und es muss jetzt von der Kanzlerin Antworten geben. Der Druck wird wachsen, jetzt zu handeln.“