Gelsenkirchen. . Der Comedian Olaf Schubert feiert ein umjubeltes Gastspiel im Musiktheater im Revier (MiR) in Gelsenkirchen. Gesellschaftliches Versagen gibt er der Lächerlichkeit preis. Und in die NSA-Affäre hat er sich aktiv mit einer Mail an das Weiße Haus eingeschaltet.
Der „Retter aus der Finsternis“ und „der zweitwichtigste Mitarbeiter der Wahrheit – neben dem Papst“ ist ein schlaksiges Männlein, dessen Markenzeichen, ein verschlissener, quietsch-gelber Rauten-Pullunder nach hunderten Auftritten auf Bühnen und im Fernsehen eigentlich schon angewachsen sein müsste. Oder wurde Olaf Schubert jemals in einem anderen Outfit gesehen?
Sei’s drum. Der „Betroffenheitslyriker“, wie der gebürtige Plauener sich gern selbst nennt, spielt im Musiktheater (MiR) mit Gegensätzen und Worten, das es eine wahre Wonne ist. Schubert spricht vom „Holzweg, der in eine Sackgasse mündet“. Die Brüste der Frau sind für ihn die „kritische Masse unterhalb des Kinns“ oder auch „Sollguckstelle für den Mann“. Und er trägt den „Schalk im Gebiss“ während er ernstere Themen wie die deutsche Steuerpolitik anspricht. Hier muss der Staat den Bürger „an der Ehre packen“. Dass der Deutsche recht begeisterungsfähig sei, habe er in der Geschichte ja schon oft gezeigt. Eine flammende Brand(t)-Rede, „am besten in der Nürnberger Aufmarschhalle“ könne vielleicht helfen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble müsse sich nur eben „hinstellen und fragen: Wollt Ihr den totalen Fiskus?“
Lachsalven in einer Tour
Das Publikum brüllt, denn Olaf Schubert weckt im Akkord Assoziationen und Erwartungen ebenso gekonnt wie detailverliebt – nur, um den Zuschauer auf dem Höhepunkt seiner geistreichen Sprachakrobatik gnadenlos in Lachsalven abstürzen zu lassen. Auf Schuberts Agenda stehen Themen wie gesunde Ernährung, Kinderbetreuungsplätze und Religion. Aber der Künstler beschwert sich nicht nur, sondern macht „nützlichere“ Vorschläge. Die Aufklärungsdrohnen etwa würden sich nicht nur dafür eignen, unliebsame Diktatoren zu überwachen, nein, sondern auch für den Biologie-Unterricht: „Das können die gleich mit abdecken.“ Immerhin sei die Drohne doch eine männliche Biene.
Und mehr noch: Schubert ist bereit, auf eigenes Risiko zu handeln und fordert: Wehrt Euch! So wie er es selbst getan habe. Wegen des Abhörskandal hat er eine Mail ans Weiße Haus geschickt: „Who that’s read is blöd.“ Allerdings verschlüsselt: „Olaf mit ph – ich wäre so gern dabei wenn das Ding hochgeht“, sächselt er mit diebischem Grinsen. Das Haus tobt, erst recht, als er die nächste Verbalbombe platzen lässt: „Der Katholizismus ist nur deshalb so erfolgreich, weil die Katholiken einfach mehr in den Nachwuchs stecken.“
Versagen anprangern, indem man es der Lächerlichkeit preisgibt
Der Sprachkünstler wünscht sich eine bessere Welt und ruft sein Publikum auf: „Esst mehr Öbst!“ Denn sonst ergeht es einem wie ihm, als er in Amerika war, und ihm eine Gruppe von Menschen entgegenkam. „Ich stellte fest: „Ups, das ist nur einer.“
Auch so kann man Versagen anprangern, indem man es der Lächerlichkeit preisgibt. Olaf Schubert beherrscht diese Kunst in Perfektion.