Gelsenkirchen. 61-Jähriger klagte vor dem Arbeitsgericht gegen seine Kündigung beim städtischen Tochterunternehmen. Es geht um Unterschlagung von Einnahmen auf den Recyclinghöfen.
Dem Mitarbeiter, der seit 39 Jahren bei der Stadt beschäftigt ist, wurde zunächst am 29. November 2012 fristlos gekündigt. Am 19. Dezember folgte die außerordentliche Kündigung zum 30. Juni 2013 . Beide Kündigungen sind nach der Entscheidung der Kammer unwirksam. Vorsitzende Birte Kensy deutete bei der Erörterung des Sachverhalts Zweifel an, ob Gelsendienste den 61-Jährigen auch ausführlich zu den Vorwürfen angehört habe. Außerdem müsse auch ein dringender Tatverdacht bestehen, bevor der Arbeitgeber drastische Maßnahmen ergreife.
Der 61-Jährige kann es nicht verstehen, warum er sich vor Gericht rechtfertigen muss. „Da erzählt irgend jemand etwas und mir wird darauf gekündigt.“ Zeugen, die in das System des offensichtlich willkürlichen Abkassierens eingebunden waren, hatten dem Arbeitgeber die Namen der Beteiligten genannt. Darunter auch den des Klägers. Der erklärt vor Gericht, die Zeugen kaum zu kennen, da er nur einige Tage mit ihnen zusammengearbeitet habe. Das Geld geflossen ist, räumt B. ein. Für ihn waren die Zahlungen lediglich Trinkgeld. Der Rechtsvertreter des 61-Jährigen hält dem Arbeitgeber vor, pauschale Behauptungen aufgestellt zu haben. Es fehle der Zurechnungszusammenhang, aus dem hervorginge, wer, wo, was gemacht habe.
Nur wenige Abkassierer hatten ausgesagt
Für Betriebsleiter Uwe Unterseher-Herold war nach der internen Zeugenbefragung klar, dass der Kläger am Unterschlagungssystem beteiligt gewesen sei und es aktiv gefördert habe. Geld sei an der Kasse vorbei eingesteckt worden. Bei der Auszahlung entfielen täglich zwischen 25 und 45 Euro auf die einzelnen Personen. Nur wenige der Abkassierer hatten bei der Befragung ausgesagt. Drei Zeugen, die alle ins System eingebunden waren, hatten den Arbeitgeber schließlich über den genauen Ablauf informiert. Sie sind heute noch bei Gelsendienste beschäftigt.
Uwe Unterseher-Herold ist überrascht von der Entscheidung des Gerichts. Es ist anzunehmen, dass der Rechtsstreit in der 2. Runde vor dem Landesarbeitsgericht ausgetragen wird.
Gegen eine vernünftige Abfindung hätte der 61-jährige Kläger seinen Dienst auch quittiert. Doch das Unternehmen, das dem Mann eine erhebliche Schuld zuweist, wollte sich auf diesen Vergleich nicht einlassen. Auch das Gericht hätte bei einem möglichen Vergleich eine Abfindung für unangemessen gehalten. Demnächst stehen sich Arbeitgeber und weitere ehemalige Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht gegenüber. Die bisherigen Rechtsstreitigkeiten endeten alle mit einem Vergleich. In einigen Fällen wurde die Wirksamkeit der Kündigung um einige Monate verlängert. Auswirkungen auf die Erlöse in den Recyclinghöfen Adenauerallee und Wickingstraße hatte der Austausch des Personals bereits. „Durchschnittlich“, so Betriebsleiter Uwe Unterseher-Herold vor Gericht, „verzeichnen wir täglich Mehreinnahmen von 300 € an den Kassen unserer Betriebshöfe.“