Gelsenkirchen.

Die Sonne scheint, ein paar ältere Herren, die sich im Schatten der Platanen auf dem Markplatz in geselliger Runde ein Fläschchen Rotwein gönnen und beim Boule ‘ne ruhige Kugel schieben – wer schon mal seinen Urlaub in der Provence verbracht hat, weiß was gemeint ist. Der Boule-Club Buer bringt die französische Atmosphäre ins Herz der Industriekultur– Mit der Turnierserie „Boule unterm Förderturm“ wurde am vergangenen Freitag die Sommer-Saison auf dem Consol-Gelände eingeläutet.

In Frankreich ist Boule seit Jahrzehnten Nationalsport. In Deutschland gehört Pétanque, so die offizielle Bezeichnung, noch zu den Randsportarten. Das muss nicht so bleiben – denn Boule ist viel mehr als das gängige Klischee hergibt.

Volle Konzentration auf den nächsten Wurf

Während der Spiele sind die Gesichter schon mal angespannt, die volle Konzentration auf den nächsten Wurf gerichtet. In den Pausen jedoch herrscht gute Stimmung und ein Gläschen Wein darf nicht fehlen. Auch wenn das Wetter noch nicht ganz mediterran war, konnte man hier auf Consol einen Eindruck davon gewinnen, warum Boule auch in Deutschland immer beliebter wird. „In erster Linie geht es darum, die eigene Freizeit angenehm zu gestalten“, erklärt Jugend- beauftragter Gerd Fortak. „Der sportliche Ehrgeiz ist aber auch da.“

„Das Schöne ist aber auch, dass wirklich jeder Jeden schlagen kann. Ob 70-jähriger Rentner oder 16-jährige Schülerin spielt keine Rolle“, schwärmt er. Dementsprechend kämpft man in der Boule-Szene ein bisschen gegen den Rufdes Rentnersports an. Mit Niklas und Tom sind immerhin zwei Nachwuchskräfte am Start, die mit präzise an die „Sau“ gelegten Kugeln und gekonnten „Schüssen“ ihr Talent unter Beweis stellten. „Gerade das Schießen macht einfach Bock. Dass Boule nur was für alte Leute ist, ist wirklich quatsch“, ist sich der 16-Jährige sicher. Mit Kursen an Schulen will man den Sport jetzt noch mehr Jugendlichen schmackhaft machen. An der Evangelischen Gesamtschule veranstaltet Trainer Bernhard Szamidaeine Boule-AG, die zum regulären Unterricht gehört.

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Dass Boule mehr als die gemütliche Freizeitbeschäftigung ist, merkt man auch, wenn man mit Fabian Schneider spricht. Der 24-Jährige spielt beim PC Balistique, dem zweiten Pétanque-Verein in Gelsenkirchen. In der Jugend hat er mit der Nationalmannschaft Erfahrung auf internationalen Turnieren sammeln und sich mit französischen Boule-Legenden messen können. „Zum einen spielt die taktische Komponente eine große Rolle“, erklärt er. „Andererseits kommt es auch auf die mentale Stärke an. Wenn man über ein ganzes Turnierwochenende die Konzentration hochhalten muss, ist man danach schon ganz schön platt.“

Die Boule-Szene ist, vor allem im Ruhrgebiet, in den letzten Jahren rasant gewachsen. „Da kommen auch immer mehr junge Leute auf den Geschmack. Gesellschaftlich ist das bunt gemischt, vielleicht ein bisschen alternativ. Auf jeden Fall hat der Sport seine ganz eigenen Charaktere.“

Boule ist eben mehr als das Klischee vermuten lässt.