Gelsenkirchen. Die Wirth Gruppe Ruhr, traditionell stark in Pulverbeschichtungen, hat sich breiter aufgestellt. Eine neue Wasserstrahl-Schneideanlage soll weitere Absatzmärkte eröffnen. Investitionsvolumen: rund 300.000 Euro.

So ein Wasserstrahl-Schneidwerkzeug hätte mancher Bond-Schurke gerne, um den ein oder anderen Gegner zu zerlegen. Durch Acryl, Holz, Stein, Glas und selbst massive Stahlplatten schneidet der Wasserstrahl, nun ja fast, wie durch Butter.

Bis zu 3800 bar Druck und feiner Quarzsand sorgen für den rechten Schnitt – anders als bei der Laser- oder Plasmatechnik geht das ohne thermische Veränderung, bei minimaler Materialbelastung, mit höchster Präzision und erstaunlich wenig Lärm. Marco Schöffel, 27 und Wirtschaftsingenieur, zählt die Vorzüge der Technik auf. 2013 hat er bei der Wirth Gruppe Ruhr angeheuert, arbeitet dort im Vertrieb – und ist sichtlich angetan von den Möglichkeiten des jüngsten Zuwachses im durchaus üppigen Maschinenpark.

Ein Prototyp für Auto-Zulieferer

Im Monitor hat Habib Aykam für eine kleine Maschinen-Demonstration den Namen des WAZ-Fotografen eingegeben. Der Schneidkopf senkt sich in das zwei mal vier Meter große Wasserbecken, der Strahl fräst sich durch eine gut einen Zentimeter starke Aluplatte. Minuten später ist der Namenszug herausgeschnitten. Die Kanten: Glatt wie ein Kinderpopo. Wer nachmessen würde, käme höchstens auf 0,02 Millimeter Spiel. Kleiner und feiner geht’s kaum. Durch 25 mm dicke Stahlbleche schneidet sich die Maschine wie durch 50 mm starke Acrylblöcke oder hauchdünne Lexanfolien, komplizierte Geometrien entstehen ebenso wie filigrane Gravuren.

Wofür, ist nebenan zu sehen: Aus Acrylbuchstaben wird gerade die Terminal-Beschriftung für einen dänischen Großflughafen gefertigt, in Kombination mit Leuchttafeln entstehen Garderoben-Beschilderungen für eine Bekleidungskette, gefertigt wird für Messebauer und Inneneinrichter. Auf einem Fertigungstisch liegen ein paar Prototypen: Motorblock-Dichtungen. Mit denen wird Schöffel Autozulieferer aufsuchen und zeigen, was bei Wirth möglich ist. „Die Leute brauchen was zum Anfassen“, setzt er auf handfeste Überzeugungsarbeit.

Expansionschancen in Erle

Aykan ist gelernter Tischler. In Erle hat er bislang vornehmlich die CNC-Fräse bedient. Vor zwei Monaten hat er sein Betätigungsfeld erweitert, als sich die Wirth-Gruppe Ruhr an der Emscherstraße 22 mit neuer Schneidtechnik breiter aufstellte. Das Unternehmen, traditionell stark in Oberflächentechnik und Pulverbeschichtung, Korrosionsschutz und konstruktivem Metallbau hat sein Portfolio erweitert.

Gründer, Geschäftsführer und Diplom-Ingenieur Axel Wirth ist 73 und steckt noch voller Tatendrang. 1983 hat er den Betrieb gegründet, 2005 zog er von der Uechtingstraße an den heutigen Standort. Ein Entwicklungsschub ging damit einher. Von etwa 17 auf rund 55 Kräfte wuchs bislang die Mitarbeiterzahl. Ein Ende ist für den Chef nicht abzusehen. Expansionschancen sieht er in Erle: „Wir werden sicher noch eine Halle anbauen und die Fertigung optimieren“, sagt er. 2011 hat Wirth mit Stephan Breyer schließlich die Wirth Gruppe Ruhr kreiert.

"Hier passt alles."

Unter einem Dach vereint ist seither die Oberflächentechnik und die Acrylglasverarbeitung. 300.000 Euro investierte die Gruppe zuletzt in die Wasserstrahlschneide-Anlage, um weitere Absatzmärkte zu eröffnen. 80% der Kunden – vom Handwerker bis zum Mittelständler – kommen bislang aus dem Ruhrgebiet oder direkt aus Gelsenkirchen.

Mit der erweiterten Produktpalette will sich Wirth aus der Riege reiner Pulverbeschichter abheben. „Wir versuchen, unsere Aktivitäten breiter zu streuen.“ Wirth, gebürtiger Düsseldorfer und dort immer noch beheimatet, schwört auf die Revierlage fürs Geschäft. „Von der Infrastruktur her sind wir hier in der Mitte zwischen Duisburg und Dortmund gut aufgehoben. Gelsenkirchen ist ideal fürs Praktische. Hier passt alles.“