Gelsenkirchen. .
Annegret Reichmanns Arbeit hat Kleckse hinterlassen, überall sind die Farben auf den Holzdielen verteilt. Immerhin hat die Künstlerin über 15 Jahre lang im Atelier an der Leithestraße gemalt, hat die Aura ihrer Modelle auf Leinwände gebannt. Nun zieht Annegret Reichmann um – schweren Herzens. Einmal noch lädt die Malerin unter dem Motto „Platte putzen“ ein: Am kommenden Sonntag, 7. April, von 11 bis 15 Uhr können Besucher in ihrem Atelier das eine oder andere Werk für sich erstehen.
Offen für neue Anstöße
Eine schmale Wendeltreppe führt in Annegret Reichmanns Atelier. Unter dem Dach ist es hell und farbig. Einen Großteil ihrer Arbeiten hat die Künstlerin, die zwischen Gelsenkirchen und Portland in den USA pendelt, bereits nach Dorsten gebracht. Dort hat sie im Creativ-Quartier Fürst Leopold einen neuen Raum gefunden und zieht im Mai mit vielen Kreativen unter ein Dach, die gemeinsam und doch jeder für sich arbeiten. Gezielt gesucht habe sie aber nicht nach einem neuen Ort, vielmehr wollte sie offen sein für neue Anstöße. „Gelsenkirchen hat mir dafür leider nicht die Möglichkeit gegeben.“ Doch: „Ich bleibe Gelsenkirchen weiterhin erhalten, nur meine Pinsel und Farben ziehen um“, sagt sie, während ihr Blick hoch über die schrägen Holzdecken wandert. Über die Umzugskisten mit den Serien und die letzten Bilder an der weißen Wand. „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“
Das Atelier wurde zum Zuhause
Gerne denkt sie an die Feste zurück, die sie auf dem Industrie-Gelände an der Leithestraße gefeiert hat, an das offene Atelier, bei dem sie 200 Werke an einer Schnur unter der Decke aufgespannt hatte. „Die Leute hatten so viel zum Schauen – sie wollten gar nicht mehr nach Hause gehen.“ Das Atelier ist längst zum Zuhause geworden. „Hier hatte ich Ruhe, konnte aber auch nach draußen gehen.“ Im neuen Atelier soll das genauso sein, dort kann sie sich zurück ziehen oder Inspiration im Kontakt mit anderen Kreativen finden.
Alte Schätze gefunden
„Beim Ausräumen habe ich alte Schätze wieder gefunden“, berichtet Reichmann. Etwa ein großformatiges Bild aus dem Jahr 1975 – viel figürlicher als ihre späteren Arbeiten. Die sind abstrakt und vor allem farbig. Am Sonntag haben Besucher also die Möglichkeit, im Atelier auf Spurensuche zu gehen und Werke – vergünstigt – zu erstehen. So wie die Arbeiten aus der Friseursalon-Serie. Dort hatte Annegret Reichmann die positiven Energien der Kunden, die während des Haareschneidens entstanden, mit Acryl auf Leinwände gebracht. Mit den Frisuren scheinen die Porträtierten sehr zufrieden gewesen zu sein – das beweist das Strahlen der Farben auf ihren Bildern.