Gelsenkirchen. Wegen „Eingriffs in den Straßenverkehr“ landete 36-Jähriger vor dem Amtsrichter. Angeklagter wollte Motorradfahrer nicht überholen lassen. 1500 Euro Geldbuße wegen Nötigung
Das Schauspiel wiederholt sich täglich hunderte Male auf der Autobahn. Ein Autofahrer, der schnell unterwegs ist, will seinen langsamen Vordermann auf der linken Spur überholen. Der spielt sich als Verkehrserzieher auf, lässt seinen Verfolger nicht vorbei. Das Straßenduell erlebte jetzt ein Nachspiel vor dem Amtsgericht. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr saß ein 36-jähriger Berufskraftfahrer auf der Anklagebank.
Der Mann war im August vergangenen Jahres in seinem Kombi auf der A42 unterwegs und fuhr in Höhe Schalke auf der linken Fahrspur. Ein Motorradfahrer fuhr mit etwa 140 km/h hinter dem Fahrzeug her. Der betätigte die Lichthupe, um zu zeigen, dass er überholen wollte. Der Kombifahrer dachte gar nicht daran, auf die rechte Spur zu wechseln, sondern trat ziemlich kräftig auf die Bremse. So heftig, dass der 47-jährige Kradfahrer voll abbremsen musste. Sein heißer Stuhl brach nach hinten leicht aus, geriet ins Schlittern. Nur mit Mühe konnte der Mann einen Sturz verhindern. Eine Studentin, die sich mit ihrem Wagen auf der rechten Spur in Höhe des Motorradfahrers befand, hatte den Vorfall beobachtet.
Autofahrer mit exklusiven Ansichten
Nur kurz saß dem Motorradfahrer der Schreck in den Gliedern. Langsam beschleunigte er das Krad wieder, um den Autofahrer zu verfolgen. Dabei lenkte er sein Motorrad einhändig an dem verdutzten Autofahrer vorbei, zückte ein Handy und machte mit der anderen Hand einige Fotos von dem Fahrzeug. Die Nummer hatte er gesichert, so kam es zur Anzeige.
Der 36-Jährige gab vor Gericht an, nur leicht abgebremst zu haben, weil sich Autofahrer an der Auffahrt genähert hätten. Die vermeintlichen Autofahrer hatte aber nur der Angeklagte gesehen. Die rechte Fahrbahnseite war völlig frei, bestätigte die junge Zeugin vor Gericht. Auch die angebliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h, die der Angeklagte angab, schien ausschließlich seiner Fantasie zu entspringen.
Verfahren vorläufig eingestellt
Bei der Strafbewertung wies Richter Horst Warda auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach bei einer Straßenverkehrsgefährdung ein bedingter Schädigungsvorsatz vorliegen müsse. Dies sei dem Angeklagten aber nicht nachzuweisen. Es blieb der Vorwurf der Nötigung, den Motorradfahrer zum Bremsen gedrängt zu haben. Das Gericht hob den bisherigen Strafbefehl über 1500 Euro auf. Gegen Zahlung einer Geldbuße in der gleichen Höhe wurde das Verfahren vorläufig eingestellt. Ad acta gelegt wird der Fall erst dann, wenn der selbst ernannte Verkehrserzieher seine letzte der sechs Raten à 250 Euro überwiesen hat.