Gelsenkirchen. Weniger Büros, keine Wachtmeisterei, kein Zugang zu den Akten für Grundbuch- und Nachlassfälle: Improvisation ist nun im Amtsgericht Gelsenkirchen angesagt. Gutachter prüfen zunächst die Basis für den Weiterbetrieb. Der rund 100 Jahre alte Altbau des Amtsgerichts ist wegen sicherheitsrelevanter Baumängel gesperrt.
Der erste Tag im Notbetrieb liegt hinter (inklusive Gerichtsvollziehern) rund 130 Mitarbeitern des Amtsgerichts Gelsenkirchen. „Zivil- und Familiensachen haben stattgefunden, mehrere Menschen teilen sich jetzt Notbüros“, sagt Amtsgerichtsdirektor Jost-Michael Kausträter, dessen Amtszimmer im 50er-Jahre Neubau kurzerhand als Sitzungs- und Besprechungsraum herhalten musste.
Risse im Gebäude haben fatale Folgen: Nachdem Mittwoch Statiker Alarm schlugen und den rund 100 Jahre alten Altbau an der Overwegstraße sperrten, mussten zehn Sitzungssäle und Büros für 30 Personen geräumt werden. Eine Dienstwohnung und die Wachtmeisterei sind vorerst verwaist. Mit Strafverfahren müssen die Beteiligten nach Essen oder Buer ausweichen. Doch der Ausfall der Wachtmeisterei wiegt schwer – auch weil damit jetzt die Zellen fehlen.
Risse haben sich dramatisch vergrößert
Zudem haben die Mitarbeiter keinen Zugang zu ihren Akten. Betroffen sind vor allem die Nachlassstelle und die Grundbuchabteilung. „Im Moment brennt da nichts an, aber das ist natürlich auch kein Zustand, der dauerhaft sein kann“, sagt Kausträter. Seit rund 15 Jahren, schätzt der Direktor, sind Kellergewölbe abgestützt, haben Experten den Bau im Blick.
Doch die Risse, zeigte aktuell ein Monitoring-Verfahren, haben sich in letzter Zeit dramatisch vergrößert. „Wir haben Spannungen im Gebäude, vielleicht sind sie geologischer Natur“, sagt Dr. Hartmut Gustmann, Pressesprecher des Bau- und Liegenschaftsbetriebes des Landes (BLB). Zunächst wurden gestern Gutachter beauftragt. Sie sollen innerhalb der nächsten 14 Tage prüfen, ob ein Weiterbetrieb des Gebäudeteils möglich ist oder ob Einsturzgefahr besteht. „Die gehen jetzt der Sache mit Bohrungen auf den Grund. Doch wir sprechen hier nicht von einem sanierungsfähigen Altbau“, so der BLB-Sprecher. Der Zustand des Gebäudes hat auch die Planungen für das neue Justizzentrum beflügelt. In Ückendorf sollen bekanntlich alle Gelsenkirchener Gerichte in einem Neubau angesiedelt werden. Aber wohl erst 2015.