Gelsenkirchen.

In der kalten Jahreszeit können närrische Töne schon mal erwärmen. Gelsenkirchens Oberjeck Olaf I. will das karnevalistische Klima noch weiter anheizen. Dabei hat sich der Prinz offensichtlich an fürstliche mittelalterliche Tugenden erinnert und einen eigenen Hofsänger in die närrische Familie aufgenommen. Wann immer Seine Tollität auf närrische Dienstreise geht, begleitet ihn Franz-Josef Seidel.

Nach wie vor gefragt

Vielen Karnevalsfreunden ist das Urgestein aus Resse als Jupp vom Emscherbruch ein Begriff. 1972 ging er erstmals in die Bütt, schrieb eigene Texte, nahm die Gesellschaft und die menschlichen Schwächen aufs Korn. Als Duo Doppelzentner – heute hat er einige Pfunde abgespeckt – ging er mit seinem Partner Engelbert Weiß auf humoristische Streifzüge. Die rot karierte Dienstkleidung verstaubt nicht im Schrank, schließlich ist der Jupp vom Emscherbruch heute nach wie vor gefragt.

Lied über Gelsenkirchen

Ein Lied über seine Heimatstadt Gelsenkirchen zu schreiben, das leicht mitzusingen ist und sofort in Kopf und Herz geht, „das wär doch ‘was,“ dachte sich der 65-Jährige. Doch wie soll er komponieren, ohne Noten lesen zu können? Jupp Seidel fand eine einfache Lösung. Singen kann er ja. So summte er immer wieder eine bestimmte Melodie, ließ sie über Sprachmemo wieder abspielen und klimperte die Töne auf der Heimorgel. Über das elektronische Notenschreibprogramm klickte er die bereits gespielten Noten an, ließ sie „konservieren“. Den Rest erledigten zwei befreundete junge Frauen. Die eine spielte Klavier, die andere brachte die Noten zu Papier. Damit gingen die musikalischen Akteure ins Resser Studio. Zusammen mit dem Tonmeister sorgte Jupp Seidel auch für die Hintergrundstimmen. „Der Mann hat uns gleich mehrfach aufgenommen, dann kräftig übereinander gemischt. So ist ein richtiger Hintergrundchor entstanden.“

Wo immer der Hofsänger auch auftaucht, beim ersten Refrain über den königsblauen Himmel und die grünen Auen in der Stadt fällt der Chor der Jecken mit ein. Ob bei Narrensitzungen oder im Johanniterstift, wo er die Bewohner schon länger beim Musikcafé mit nostalgischen Ohrwürmern unterhält.

Menschen zum Mitsingen bewegen

Dass der Resser jetzt die Menschen zum Mitsingen bewegt, ist auch ein Dankeschön an die Narren von Grün-Weiß Resse. Die küren Persönlichkeiten, die sich durch ehrenamtliche Arbeit besondere Verdienste erworben haben, mit der Resser Träne. Nachdem der 65-Jährige dekoriert wurde, überlegte er lange, wie er sich denn revanchieren könnte. Gut, dass er seinen ursprünglichen Gedanken, einen Kasten Bier auszugeben, aufgegeben hat. Das Gelsenkirchenlied ist nicht nur jederzeit ein Genuss, es lässt sich auch jahrelang konservieren und wirkt dennoch erfrischend.