Gelsenkirchen. . Der Rapper Baris Saricaya hat Gleichgesinnte aus dem Ruhrgebiet um sich versammelt. Am 10. Februar soll das Album „Ruhrpotta Asphalt Reloaded“ als Gratis-Download veröffentlicht werden.
Alles redet von Netzwerken und deren Wichtigkeit. Ob sozial, ob online, egal, Hauptsache vernetzt. Und wieso sollte diese Entwicklung vor der Rap-Welt Halt machen? Kollaborationen gehören beim Spiel mit den Reimen schon lange zum Geschäft. Der Gelsenkirchener Rapper Luthifah hat vor etwa einem halben Jahr seine Fühler ausgestreckt und unter dem Namen „44 Kanak“ eine Gruppe Gleichgesinnter versammelt. Am 10. Februar soll ihre EP „Ruhrpotta Asphalt Reloaded“ als Free-Download veröffentlicht werden – mit Rap von der Straße.
Luthifah heißt eigentlich Baris Saricaya, ist 30 Jahre alt und arbeitet als Anlagenmechaniker. Dass er große Ähnlichkeit mit dem 1996 erschossenen US-Rapper Tupac Shakur hat, hört er nicht so gerne. Zu oft hat er diesen Vergleich schon gehört. Und doch: Fragt man ihn nach seinen Vorbildern, nach seinen größten Einflüssen, nennt er Tupac. Seit 17 Jahren rappt Luthifah schon, dementsprechend viele Leute kennt er in der Hip Hop-Szene.
Dreh- und Angelpunkt der 44 Kanak ist DJ Everyday. Der 35-jährige Ben Amuah aus der Feldmark ist das gemeinsame Bindeglied. Sein Zuhause ist auch das Hauptquartier der Gruppe. Hier kommen sie zusammen, um ihre Stücke aufzunehmen. Der gelernte Schweißer hat schon bei verschiedenen Veranstaltungen in Gelsenkirchen aufgelegt. Auch Nico (30) aus Buer ist in GE kein Unbekannter. Als Veranstalter hat er schon für die Stadt das Jugendkulturfestival Open Art Jam im Sommer 2012 mitorganisiert, bei dem er auch als Rapper auftrat.
Luthifah macht Rap von der Straße
Den groben Kern von 44 Kanak bilden sieben Personen. Produzent und Rapper Stein (35) ist eins der Dortmunder Mitglieder. Und dann sind da noch Fader (27) aus Castrop-Rauxel – ebenfalls Produzent und Rapper, Ferum (Rap) und Sänger Mikael. Jeder „Kanak“ ist noch in anderen Gruppen verankert – Netzwerk total. In ihren Texten geht es um Beziehungen, das Gesetz der Straße und auch Konflikte mit dem Gesetz – Gangsta-Rap eben.
14 Jahre lang hat Luthifah auf Englisch gerappt. „Aber dann fühlte ich mich nicht mehr verstanden. Ich habe irgendwann gemerkt, dass Deutsch mehr Sinn macht“, sagt der 30-Jährige. „Wenn ich rappe ,I see the 5-0 comin’ round the corner’ – Wer soll das verstehen?“ Stein gibt Nachhilfe: Das sei amerikanischer Straßenslang und heiße so viel wie „Die Bullen kommen um die Ecke“.
„Auf Deutsch zu rappen ist auch authentischer“, findet Nico. Man unterhalte sich doch auch im Alltag auf Deutsch. „Als ‘99 der Hype mit deutschem Hip Hop anfing, haben viele Rapper nicht mehr englisch gerappt.“ Und beim Rap gehe es ja auch darum, echt rüberzukommen. Am 10. Februar kommen die 44 Kanak mit ihrer kostenlosen Download-EP rüber.
„Kinder verschiedener Herkunft“
Die „44“ steht nicht etwa für die Größe der Crew, sondern für die ersten beiden Ziffern der Postleitzahlen in Dortmund. Von dort stammt nämlich ein erheblicher Teil der Gruppe.
Einerseits ist Kanake nach wie vor ein Schimpfwort, andererseits verwenden Jugendliche mit Migrationshintergrund die Bezeichnung ganz bewusst für sich selbst. Ethnic Pride – ethnischer Stolz – nennt sich das dann. Der Vergleich mit dem US-amerikanischen Begriff „Nigger“ liegt auf der Hand: Einige Schwarze reden sich umgangssprachlich untereinander selber so an. Aus dem Munde von jemandem, der nicht schwarz ist, ist es jedoch eine Beleidigung. Und hier schließt sich der globale Kreis – Netzwerk Rap.
„Wir sind Kinder verschiedener Herkunft – das ist das Tolle“, sagt Luthifah über die türkischen, afrikanischen und deutschen Wurzeln seiner 44 Kanak. Die Musik sei ein wichtiges Ventil für ihn: „Ich rappe über die Straße, über mich und mein Leben.“